Mietzahlungen für das Gesellschaftergrundstück

Die Zahlung auf die Miete für ein Grundstück, welches ein Gesellschafter oder eine einem Gesellschafter gleichzustellende Person an die Gesellschaft vermietet hat, stellt nicht per se eine Befriedigung einer gleichgestellten Forderung im Sinne von § 135 Abs. 1 InsO dar.

Mietzahlungen für das Gesellschaftergrundstück

Nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO ist eine Rechtshandlung anfechtbar, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines Darlehens im Sinne des § 39 Abs. 1 Nr. 5 oder für eine gleichgestellte Forderung Befriedigung gewährt hat, wenn die Handlung im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist. Die Gleichbehandlung von Darlehen und „gleichgestellten Forderungen“ beruht auf der Erwägung, dass der Gesellschafter die Rechtsfolgen des zwingenden § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO nicht durch die Wahl einer bestimmten rechtlichen Konstruktionen unterlaufen darf. Deshalb und in Anbetracht der schier unerschöpflichen Gestaltungsfantasie der Gesellschafter und ihrer Berater ist insoweit eine wirtschaftliche Betrachtungsweise geboten[1]. Allerdings verbietet die grundlegende Neugestaltung des Rechts des Kapitalschutzes durch das MoMiG eine unbesehene Übernahme der bis dahin gültigen Regeln. Der Gesetzgeber hat die gegenläufigen Interessen von Kapitalgebern und Gläubigern auf eine neue insolvenzanfechtungsrechtliche Grundlage gestellt. Dass gegebenenfalls gewisse Schutzlücken offen bleiben, ist, soweit dies bei systematischer Betrachtung der maßgeblichen Normen nicht zu umgehen ist, hinzunehmen und systembedingt[2].

Selbst bei wirtschaftlicher Betrachtung kann die Überlassung eines Gegenstandes kraft Mietvertrags nicht in jedem Falle und ungeachtet der konkreten Umstände des Einzelfalles mit einer darlehensweisen Kapitalüberlassung auf Zeit durch den Darlehensgeber gleichgesetzt werden. Weshalb vorliegend die Befriedigung von Mietzinsansprüchen eine Befriedigung für eine einem Darlehen gleichgestellte Forderung sein soll, wird vom Kläger auch nicht ansatzweise vorgetragen. Dass die Voraussetzungen des typischen Umgehungstatbestandes des § 135 Abs. 1 InsO erfüllt wären, ist nicht erkennbar. Generell, allgemein und ohne Darlegung der Besonderheiten des Einzelfalles können Mietverträge mit einem Gesellschafter nicht als Umgehung eines Darlehens bewertet werden.

Nach früherem Recht war die mietweise Überlassung eines Gegenstandes nicht schon für sich alleine eigenkapitalersetzend. Vielmehr lagen diese Voraussetzungen nur vor, wenn die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute die Mittel anstatt in Form eines Fremdkredits als Eigenkapital zugeführt hätten. Das Kriterium der Kreditunwürdigkeit hatte dabei grundsätzlich auch für Fälle der Gebrauchsüberlassung Bedeutung. Es reichte hier nicht ohne weiteres aus, dass die Gesellschaft unter Berücksichtigung ihrer finanziellen Ausstattung auf dem Kapitalmarkt keinen Kredit erhalten hätte, mit dessen Hilfe sie die Betriebseinrichtung selbst hätte anschaffen können. Denn sie hatte diese tatsächlich nicht gekauft, sondern nur zur Nutzung erhalten; wäre ihr diese Nutzungsmöglichkeit auch von dritter Seite eingeräumt worden, dann ließ sich nicht sagen, der Gesellschafter habe durch die Gebrauchsüberlassung die sonst liquidationsreife Gesellschaft am Leben erhalten. Die Umqualifizierung einer solchen Gesellschafterhilfe in Eigenkapitalersatz kam erst dann in Betracht, wenn gerade diese konkrete Leistung auf dem allgemeinen Markt nicht zu beschaffen gewesen wäre. Entscheidend war also, ob ein vernünftig handelnder Vermieter oder Verpächter, der nicht an der Gesellschaft beteiligt war und sich auch nicht an ihr beteiligen wollte, der Gesellschaft die Gegenstände unter denselben Verhältnissen und zu denselben Bedingungen überlassen hätte[3]. Nach der Neukonzeption des Kapitalschutzrechts ist der Gedanke der Finanzierungsverantwortung des Gesellschafters für die Begründung der Insolvenzanfechtungshaftung weggefallen. Dieser Wegfall rechtfertigt es keineswegs, nunmehr jegliche Überlassungsverträge in den Anwendungsbereich des § 135 Abs. 1 InsO einzubeziehen. Dies wäre eine unangemessene Haftungsverschärfung, die mit dem nach wie vor für die Auslegung des § 135 Abs. 1 InsO beachtlichen Gedanken der Finanzierungsverantwortung des Gesellschafters[4] unvereinbar wäre. Sie ginge weit darüber hinaus.

Überlassungs- und Kreditverträge sind seit jeher unterschiedlich ausgestaltete Rechtsinstitute, die auch im geschäftlichen Verkehr differenziert behandelt werden. Zwar muss auch der Vermieter Vertrauen (im weiteren Sinne Kredit) in die Leistungsfähigkeit und Leistungswilligkeit des Mieters investieren, typischerweise verlangt jedoch nur der Darlehensgeber eine Sicherheit, was seinen Rückzahlungsanspruch anbelangt. Die hängt ersichtlich mit der unterschiedlichen rechtlichen Stärke des Rückgabe/-zahlungsanspruchs des Vermieters bzw. Kreditgebers zusammen, auf die sich der Geschäftsverkehr eingestellt hat. Diesen Unterschieden hat der Reformgesetzgeber im Insolvenzanfechtungsrecht Rechnung getragen. Nur der Vermieter ist unter den in § 135 Abs. 3 InsO beschriebenen Bedingungen[5] verpflichtet, für die Dauer des Insolvenzverfahrens, höchstens aber für eine Zeit von einem Jahr ab der Eröffnung des Insolvenzverfahrens dem Insolvenzverwalter den Gegenstand zum Gebrauch zu überlassen. Als Ausgleich erhält er hierfür eine Vergütung, die vorliegend unstreitig vom Kläger an den Beklagten bzw. dessen Rechtsnachfolgerin, die finanzierende Sparkasse, bezahlt wird.

Würde jede Forderung aus Nutzungsüberlassung als gleichgestellte Forderung im Sinne von § 135 Abs.1 InsO behandelt, würde die Regelung des § 135 Abs. 3 S. 2 InsO über die Zahlung eines Entgeltes praktisch leerlaufen. Die geleistete Vergütung im Sinne dieser Vorschrift ist nämlich anerkanntermaßen zu bereinigen um Zahlungen, die der Verwalter mit Recht anficht[6].

Überdies wäre es widersprüchlich, würde dem Gesellschafter oder ihm gleichgestellten Personen nach Insolvenzeröffnung wie hier ein Entgelt wegen der Nutzung der überlassenen Sache gezahlt, während sie für den vorangehenden Zeitraum von mindestens 1 Jahr die Sache der Schuldnerin/Masse im Ergebnis kostenlos überlassen müssten. Tragfähige Gründe für eine solch ungleiche Behandlung[7] sind nicht ersichtlich. Dass der Gesetzgeber eine derartige nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung gewollt hätte, ist weder den Gesetzesmaterialien noch den Regelungen des Kapitalschutzes im Insolvenzfall zu entnehmen.

Landgericht Freiburg – Urteil vom 7. Januar 2014 – 12 O 133/13

  1. BGHZ 196,220 Rdnr. 31[]
  2. vergleiche MünchKomm-InsO/Gehrlein InsO 3.A. § 135/12[]
  3. BGHZ 121,31[]
  4. vgl. BGH WM 2013,708[]
  5. vergleiche hierzu Gehrlein aaO Rdnr. 45 m.w.N.[]
  6. vergleiche Gehrlein aaO Rdnr. 49[]
  7. vgl. Marotzke JZ 2010,592,598[]