Schadensersatz wegen Schmiergeldabrede

Der Kläger, der Schadensersatzansprüche auf eine ohne sein Wissen von seinem Bevollmächtigten getroffene Schmiergeldabrede stützt, genügt seiner Darlegungslast, wenn er ausreichende Anhaltspunkte für den Abschluss einer derartigen Vereinbarung darlegt. Von ihm können im Rechtsstreit keine näheren Darlegungen hierzu mit der Begründung verlangt werden, er müsse sich die Kenntnis des Bevollmächtigten zurechnen lassen.

Schadensersatz wegen Schmiergeldabrede

Hat der Kläger hinreichende Anhaltspunkte für eine Schmiergeldabrede vorgetragen, trägt der Beklagte die sekundäre Darlegungslast für seine Behauptung, eine solche Schmiergeldabrede habe nicht vorgelegen.

Ein von dem Sachvortrag des Klägers abweichendes Vorbringen des Beklagten, das der Klage ebenfalls zur Schlüssigkeit verhilft, kann zugunsten des Klägers nur verwertet werden, wenn er es sich hilfsweise zu eigen macht und seine Klage hierauf stützt. Der Kläger, der geltend macht, eine bestimmte Person habe als sein Beauftragter zu seinen Lasten überhöhte Vergütungen verabredet, macht sich das Vorbringen der Beklagtenseite, eine andere Person habe die beanstandeten Vereinbarungen getroffen, nicht zu eigen, wenn er deren Behauptung bestreitet.

Nach § 826 BGB ist derjenige zum Schadensersatz verpflichtet, der einem anderen in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise vorsätzlich Schaden zufügt.

Vereinbarungen über die Zahlung eines Schmiergelds für die künftige Bevorzugung bei der Vergabe von Aufträgen, die Angestellte, Bevollmächtigte, Beauftragte oder sonstige Vertreter einer Partei heimlich mit dem anderen Vertragsteil treffen, verstoßen gegen die guten Sitten und sind gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig[1]. Abreden über die Zahlung von Bestechungsgeld sind zudem unter den Voraussetzungen des § 299 StGB wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nach § 134 BGB nichtig[2]. Schadensersatzansprüche bestehen in diesen Fällen nicht nur gegenüber den bestochenen Mitarbeitern oder Beauftragten als unmittelbaren Zahlungsempfängern, sondern auch gegen den diese Zahlung tätigenden Geschäftspartner.

Der Vorwurf einer Schmiergeldzahlung besteht im Anbieten, Versprechen oder Gewähren eines Vorteils an Angestellte, Bevollmächtigte, Beauftragte oder sonstige Vertreter des Auftraggebers, deren Gegenstand und Ziel die zukünftige unlautere Bevorzugung eines anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen ist[3]. Dies begründet die sogenannte Unrechtsvereinbarung[4]. Unter dem vom Täter gewährten Vorteil ist jede Leistung zu verstehen, auf die der Empfänger keinen Rechtsanspruch hat und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Lage objektiv verbessert[5]. Der Begriff des Beauftragten ist weit zu fassen. Beauftragter ist jeder, der auf Grund seiner Stellung berechtigt und verpflichtet ist, geschäftlich für den Betrieb zu handeln und Einfluss auf die im Rahmen des Betriebs zu treffenden Entscheidungen besitzt, ohne Angestellter oder Inhaber des Betriebs zu sein[6]. Ob dem Verhältnis des Beauftragten zu dem jeweiligen geschäftlichen Betrieb eine Rechtsbeziehung zu Grunde liegt oder dieser lediglich durch seine faktische Stellung im oder zum Betrieb in der Lage ist, Einfluss auf geschäftliche Entscheidungen auszuüben, ist unerheblich[7]. Für die Annahme der Sittenwidrigkeit einer Schmiergeldzahlung ist es regelmäßig gleichgültig, ob Nachteile für den Geschäftsgegner entstanden sind oder beabsichtigt waren, da bereits die Verheimlichung der Zuwendung den Sittenverstoß begründet[8].

Der Kläger, der die Existenz einer ihn in sittenwidriger Weise schädigenden Schmiergeldabrede behauptet und deshalb einen Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB geltend macht, trägt grundsätzlich die volle Darlegungs- und Beweislast für alle Anspruchsvoraussetzungen[9]. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich in Fällen dieser Art nur ausnahmsweise eine ausdrückliche Verabredung der Beteiligten oder eine ausdrückliche Zusage zur Zahlung von Schmiergeldern feststellen lassen wird. Schmiergeldzahlungen können ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie geheim bleiben. Die an einer Schmiergeldabrede Beteiligten machen sich strafbar und riskieren im Falle ihrer Offenlegung eine Strafverfolgung. Der Kläger, der Ansprüche wegen einer behaupteten Schmiergeldabrede geltend macht, genügt seiner Darlegungslast daher, wenn er ausreichende Anhaltspunkte dafür vorträgt, dass eine derartige Vereinbarung getroffen worden ist[10].

Hat die Klägerin hinreichende Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Beklagte und der Bevollmächtigte der Klägerin zu ihren Lasten eine Schmiergeldabrede getroffen haben, trägt die Beklagte eine sekundäre Darlegungslast für ihre Behauptung, eine solche Schmiergeldabrede habe nicht vorgelegen.

Die Annahme einer sekundären Darlegungslast setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs voraus, dass die nähere Darlegung dem Behauptenden nicht möglich oder nicht zumutbar ist, während der Bestreitende alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm zumutbar ist, nähere Angaben zu machen[11]. Genügt der Anspruchsgegner seiner sekundären Darlegungslast, ist es Sache des Anspruchstellers, die für seine Behauptung sprechenden Umstände darzulegen und zu beweisen. Genügt der Anspruchsgegner seiner sekundären Darlegungslast nicht, gilt die Behauptung des Anspruchstellers dagegen nach § 138 Abs. 3 als zugestanden[12]. In diesem Fall muss der Anspruchsteller seine Behauptung nicht beweisen.

Der Bundesgerichtshof hat in Verfahren, in denen der Kläger geltend gemacht hat, der Beklagte habe ihn durch eine hinter seinem Rücken getroffene Vereinbarung in sittenwidriger Weise geschädigt, wegen der besonderen Schwierigkeiten, derartige Abreden zu beweisen, Beweiserleichterungen zugebilligt und dabei der beklagten Partei eine sekundäre Darlegungslast auferlegt[13].

Macht der klagende Geschäftsherr gegenüber seinem Geschäftspartner geltend, dieser habe mit einem Bevollmächtigten hinter seinem Rücken zu seinen Lasten Schmiergeldzahlungen vereinbart, können von ihm im Prozess keine näheren Darlegungen zu den Vereinbarungen mit der Begründung verlangt werden, die Kenntnis des ungetreuen Bevollmächtigten sei ihm zuzurechnen.

Ebensowenig kam in Betracht, von der Klägerin nähere Darlegungen zum Zustandekommen der Vereinbarung und zum Vorgehen bei der Bezahlung der von der Beklagten gestellten Rechnungen mit der Begründung zu verlangen, die Klägerin müsse sich die Kenntnis ihres Bevollmächtigten zurechnen lassen. Im vorliegenden Fall waren die Schmiergeldabreden hinter dem Rücken des Geschäftsführers der Klägerin getroffen worden. Des- halb kann von der Klägerin nicht mit der Begründung näherer Vortrag zu Geldabflüssen aus ihrem Vermögen verlangt werden, sie müsse sich die Kenntnis ihres Geschäftsführers zurechnen lassen, die sie gerade in Abrede gestellt hat.

Die Beklagte genügt jedoch einer sie treffenden sekundären Darlegungslast, wenn sie sich nicht auf ein Bestreiten des klägerischen Vortrags beschränkt, sondern einen abweichenden Sachverhalt vorgeträgt.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 18. Januar 2018 – I ZR 150/15

  1. vgl. BGH, Urteil vom 14.12 1972 – II ZR 141/71, NJW 1973, 363; Urteil vom 17.05.1988 – VI ZR 233/87, NJW 1989, 26; Urteil vom 06.05.1999 – VII ZR 132/97, BGHZ 141, 357, 359; Urteil vom 16.01.2001 – XI ZR 113/00, NJW 2001, 1065, 1067; BGHZ 201, 129 Rn. 33[]
  2. vgl. BGHZ 141, 357, 359; 201, 129 Rn. 33[]
  3. vgl. BGH, Urteil vom 27.03.1968 – I ZR 163/65, GRUR 1968, 587, 588 – Bierexport, zu § 12 UWG aF; BGH, NJW 1989, 26; BGH, Urteil vom 18.06.2003 – 5 StR 489/02, NJW 2003, 2996, 2997; OLG Zweibrücken, BeckRS 2009, 10754, jeweils zu § 299 StGB[]
  4. vgl. BGH, NJW 2003, 2996, 2997; Schönke/Schröder/Heine/Eisele, StGB, 29. Aufl., § 299 Rn. 16; Heger in Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 299 Rn. 5[]
  5. BGH, Urteil vom 11.04.2001 – 3 StR 503/00, NJW 2001, 2558, 2559, zu § 332 StGB; BGH, NJW 2003, 2996, 2997 f.; Heger in Lackner/Kühl aaO § 299 Rn. 4; Schönke/Schröder/Heine/Eisele aaO § 299 Rn. 11[]
  6. vgl. BGH, Urteil vom 13.05.1952 – 1 StR 670/51, BGHSt 2, 396, 401; BGH, GRUR 1968, 587, 588 – Bierexport, beide zu § 12 UWG aF; BGH, Urteil vom 09.08.2006 – 1 StR 50/06, NJW 2006, 3290, 3298; Beschluss vom 29.03.2012 – GSSt 2/11, BGHSt 57, 202 Rn. 28, beide zu § 299 StGB[]
  7. BGHSt 57, 202 Rn. 28; Heger in Lackner/Kühl aaO § 299 Rn. 2[]
  8. vgl. BGH, NJW 1973, 363; BGH, Beschluss vom 20.03.2014 – 3 StR 28/14, NStZ 2014, 397, zu § 73 StGB; Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl., § 138 Rn. 63 mwN[]
  9. vgl. BGH, Urteil vom 30.05.2000 – IX ZR 121/99, NJW 2000, 2669, 2672 [insoweit in BGHZ 144, 343 nicht abgedruckt]; Urteil vom 18.12 2007 – VI ZR 231/06, BGHZ 175, 58 Rn. 21; Urteil vom 20.12 2011 – VI ZR 309/10, NJW-RR 2012, 404 Rn. 8, mwN; Luckey in Baumgärtel/Laumen/Prütting, Handbuch der Beweislast, 3. Aufl., Schuldrecht BT III, § 826 Rn. 1; MünchKomm-.BGB/Wagner, BGB, 7. Aufl., § 826 Rn. 51, mwN; HK-BGB/Staudinger, BGB, 9. Aufl., § 826 Rn. 12[]
  10. vgl. BGH, Urteil vom 13.07.2004 – V ZR 136/03, NJW 2004, 3423, 3425[]
  11. vgl. BGH, Urteil vom 17.03.1987 – VI ZR 282/85, BGHZ 100, 190, 196; Urteil vom 07.12 1998 – II ZR 266/97, BGHZ 140, 156, 158; BGH, NJW 2000, 2669, 2672; BGH, Urteil vom 04.12 2012 – VI ZR 378/11, DStRE 2013, 702 Rn. 16; Urteil vom 04.12 2012 – VI ZR 381/11, NJW-RR 2013, 536 Rn. 13[]
  12. st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 19.02.2014 – I ZR 230/12, GRUR 2014, 578 Rn. 14 = WRP 2014, 697 – Umweltengel für Tragetasche; Urteil vom 12.11.2015 – I ZR 167/14, GRUR 2016, 836 Rn. 111 = WRP 2016, 985 – Abschlagspflicht II[]
  13. vgl. BGH, NJW 2000, 2669, 2772[]