Der Begriff der Umarbeitung ist weit zu verstehen und umfasst jede Abänderung eines Computerprogramms; es ist keine schöpferische Leistung erforderlich[1]. Der Begriff der Umarbeitung umfasst als vom Gesetzgeber gewählter Sammelbegriff beispielsweise jede Übersetzung, Bearbeitung und Arrangements[2]. Auch Änderungen zur Anpassung an individuelle Benutzerwünsche, Programmverbesserungen und Erweiterungen des Funktionsumfangs sind Umarbeitungen im Sinn des § 69 c Nr. 2 UrhG, denn hierdurch soll dem Urheber das Recht zur Fortentwicklung und Anpassung seiner Software an unterschiedliche Nachfragerwünsche gegeben werden[3]. Die weite Auslegung des Begriffs Umarbeitung zeigt sich auch daran, dass bereits die Herstellung der Umarbeitung und nicht erst ihre Verwertung eine Urheberrechtsverletzung darstellt.

Hierbei ist für eine Verletzungshandlung ausreichend, dass nicht die Substanz des Programms als beispielsweise auf einer CD-ROM verkörpertes Produkt verändert wird, sondern lediglich eine Umarbeitung über den Arbeitsspeicher der PSP dergestalt erfolgt, dass durch externe Befehle in den Programmablauf eingegriffen wird. Teilweise wird zwar vertreten, dass ein Eingriff in die Programmsubstanz erforderlich sei und daher in einer bloßen Datenveränderung im Rahmen eines vom Programm vorgesehenen sog. Customizing keine urheberrechtsverletzende Umarbeitung zu sehen sei[4]. Diese Konstellation ist jedoch mit dem hier zugrunde liegenden Sachverhalt nicht vergleichbar, da die Computerspiele der Antragstellerin unstreitig gerade nicht zu individuellen Anpassung an Kundenwünsche vorgesehen sind.
Maßgeblich ist, dass es aufgrund des gewünschten urheberrechtlichen Schutzes für Computerprogramme und der daher einhellig geforderten weiten Auslegung des Begriffs „Umarbeitung“ nicht entscheidend darauf ankommen kann, auf welche technische Weise in ein urheberrechtlich geschütztes Computerprogramm eingegriffen wird. Denn ansonsten wäre heutzutage aufgrund der vielfältigen technischen Möglichkeiten ein Urheberrechtsschutz für Computerprogramme faktisch nicht mehr möglich. Hier ist eine Umarbeitung der Software der Antragstellerin hinreichend glaubhaft gemacht worden. Sie erfolgt durch ein Zusammenwirken der angegriffenen Software mit der verkörperten Software der Antragstellerin. Es kann mit der für das hier zu entscheidende Verfügungsverfahren hinreichenden Wahrscheinlichkeit angenommen werden, dass das angegriffene Produkt nach seiner Bezeichnung als „Software“ und der erkennbaren Funktionsweise Programmbefehle enthält und nicht lediglich abgespeicherte Daten bzw. Spielstände. Dies ergibt sich bereits aus der Werbung für die Software „A… Replay PSP“, die „a list of codes for that game“ bzw. „100 % codes engine based game enhancer“ anpreist. Insofern ist eine Vergleichbarkeit der Sachverhalte mit der Entscheidung „Tomb Raider“ des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg[5] nicht gegeben. Denn die dort streitgegenständliche CD-ROM enthielt lediglich abgespeicherte Spielstände, durch die ein Überspringen der vorgesehenen Spiellevels möglich war. Die Software „A… Replay PSP“ bewirkt jedoch mehr: Zwar wirken ihre Programmbefehle nicht unmittelbar auf die Programmbefehle der Spielsoftware der Antragstellerin dergestalt ein, dass die verkörperte Software der Antragstellerin dauerhaft verändert wird. Es werden durch die Software „A… Replay PSP“ jedoch einerseits Daten, die die Spielsoftware der Antragstellerin in dem Arbeitsspeicher der PSP ablegt und die für den Ablauf des Spiels relevant sind, verändert. Andererseits wird bei den Spielen auch in die Abläufe eingegriffen, indem beispielsweise von der Antragstellerin vorgesehene Beschränkungen beim Einsatz des „Turbos“ („Boots“) ausgeschaltet werden. Dies ist nicht lediglich die Veränderung eines Spielstandes, sondern ein Eingriff in das urheberrechtlich geschützte Spiel, zumal die vollständige Ausschaltung des „Turbos“ von der Antragstellerin nicht vorgesehen ist.
Dadurch erfolgt letztendlich eine Veränderung des Ablaufs der geschützten Software, auch wenn aufgrund des parallelen Ablaufs und „Ineinanderwirkens“ der Produkte eine Veränderung der verkörperten Software des Spiels der Antragstellerin nicht vorgenommen wird. Dies liegt jedoch einzig daran, dass für die Veränderungen als weiteres Hilfsmittel der Arbeitsspeicher der PSP eingesetzt wird und nur deshalb eine Veränderung der verkörperten Software der Antragstellerin nicht notwendig ist. Die Änderung des Ablaufs der geschützten Software ist für die Annahme einer Umarbeitung im Sinn des § 69 c Nr. 2 UrhG ausreichend. Das Verhalten jeder Spielsoftware hängt von intern verwendeten, zumeist im Hauptspeicher abgelegten Daten ab. Die Daten unterliegen der ständigen Veränderung entsprechend dem Spielverlauf durch die Software des Spiels. Weder aus Nutzersicht noch aus Urhebersicht macht es einen Unterschied, ob eine Veränderung des Programmablaufs durch die dauerhafte oder vorübergehende Veränderung der Spielesoftware oder durch das Einwirken auf den Ablauf der Software mittels Programmbefehlen, die unmittelbar lediglich durch die Spielsoftware im Arbeitsspeicher abgelegte Daten verändern, erfolgt. Letztendlich wird die Veränderung hier erreicht, weil die Programmbefehle durch das parallele Arbeiten und Einwirken der Software „A… Replay PSP“ auf den Arbeitsspeicher möglich werden. Diese Parallelität, die durch den Einsatz verschiedener Datenträger, auch des Internets, möglich geworden ist, kann nicht zu einem Leerlauf des Urheberrechtsschutzes führen. Denn die Software „A… Replay PSP“ greift in den Ablauf der geschützten Software ein, indem es im Ergebnis einen Teil der Steuerung übernimmt. Dieser Eingriff stellt nicht lediglich eine Veränderung der urheberrechtlich nicht geschützten Spielidee, sondern betrifft den Ablauf der programmierten Software. Die Gliederung des Programmablaufs, die Anordnung der Programmelemente und deren Zusammenwirken sind bei Computerprogrammen jedoch urheberrechtlich geschützt[6].
Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, Urteil vom 13. April 2012 – 5 U 11/11
- Loewenheim in Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl., 2010, § 69c Rn. 14; Dreier in Dreier/Schulze, UrhG, 2. Aufl.2006, § 69 c Rn. 15[↩]
- Lehmann in Loewenheim, Handbuch des Urheberrechts, 2. Aufl., 2010, § 76 Rn 10[↩]
- Loewenheim in Schricker/Loewenheim, a.a.O., § 69 c, Rn. 14; Wiebe in Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien, 2. Aufl., 2011, § 69 c UrhG Rn. 9[↩]
- Grützmacher in Wandtke/Bullinger, Urheberrecht, 3. Aufl., 2009, § 69 c Rn.20[↩]
- OLG Hamburg, Urteil vom 12.03.1998 – 3 U 226/97, NJW-RR 1999, 483[↩]
- vgl. KG Berlin, CR 2010, 424[↩]