Ausschluss der Komplementär-GmbH aus der GmbH & Co. KG

Wird ein mit der Geschäftsführung beauftragter, am Gesellschaftsvermögen aber nicht beteiligter Gesellschafter einer Personen- oder Personenhandelsgesellschaft (hier: eine Komplementär-GmbH) aus der Gesellschaft ausgeschlossen, richtet sich das der Bewertung nach §§ 3 ff. ZPO zugrunde zu legende wirtschaftliche Interesse dieses Gesellschafters an der Nichtigerklärung des Ausschließungsbeschlusses der Gesellschaft nach dem Wert der ihm nach den vertraglichen Vereinbarungen zustehenden Vergütungen (hier: Geschäftsführungs- und Haftungsvergütung).

Ausschluss der Komplementär-GmbH aus der GmbH & Co. KG

Zwar richtet sich der Wert der Klage eines Gesellschafters gegen einen Ausschließungsbeschluss nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Regel nach dem Wert seiner Beteiligung an der Gesellschaft, also nach dem Wert des Geschäftsbzw. Gesellschaftsanteils des ausgeschlossenen Gesellschafters[1]. Dabei wird das Interesse eines Gesellschafter-Geschäftsführers, weiterhin Geschäftsführer der Gesellschaft zu sein und damit die Lenkungsund Leitungsmacht in der Hand zu behalten, durch den Wert seines Gesellschaftsanteils begrenzt, mit anderen Worten, das Interesse des sich gegen seinen Ausschluss wehrenden Gesellschafter-Geschäftsführers liegt nicht deshalb über dem Wert seines Geschäftsanteils, weil er gleichzeitig die Geschäftsführerfunktion ausübt bzw. ausgeübt hat[2].

Jedoch ist es rechtsirrig davon auszugehen, dass der Beteiligung der Komplementär-GmbH an der GmbH & Co. KG deshalb kein den Betrag von 600 € übersteigender Wert zukommt, weil sie keine Einlage zu erbringen hat und nicht am Gesellschaftsvermögen beteiligt ist. Das der Bewertung nach § 3 ZPO zugrunde zu legende Interesse des Gesellschafters am Erhalt seiner Gesellschafterstellung kann sich nur dann nach dem Wert seiner Beteiligung am Gesellschaftsvermögen bestimmen, wenn der Gesellschafter nach den seiner Beteiligung an der Gesellschaft zugrundeliegenden Vereinbarungen überhaupt an dem Gesellschaftsvermögen beteiligt sein soll. Dies ist zwar in der Regel der Fall, erforderlich ist eine solche vermögensmäßige Beteiligung eines Gesellschafters aber nicht. Mit der Gesellschafterstellung ist es ohne weiteres vereinbar, dass ein Gesellschafter keine Einlage erbringt, am Gewinn und Verlust sowie am Gesellschaftsvermögen nicht beteiligt ist, sich sein Beitrag vielmehr auf die Geschäftsführung und seine Beteiligung am Geschäftsergebnis auf einen bestimmten Betrag beschränkt[3], wie es hier bei der Beteiligung der Komplementär-GmbH an der GmbH & Co. KG der Fall ist.

Die Komplementär-GmbH ist nicht am Gesellschaftsvermögen der GmbH & Co. KG beteiligt. Ihre Gesellschafterstellung hat sie nur deshalb inne, weil es der im Personengesellschaftsrecht geltende Grundsatz der Selbstorganschaft erfordert, dass die organschaftliche Geschäftsführung der Gesellschaft durch einen Gesellschafter ausgeübt wird. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung kann die gesellschafterliche Geschäftsführungsbefugnis nicht ohne Gesellschaftsanteil einem Dritten übertragen werden[4]. Wird einem solchen mit der Geschäftsführung beauftragten, am Gesellschaftsvermögen aber nicht beteiligten Gesellschafter wie hier der Komplementär-GmbH die Gesellschafter- und Geschäftsführerstellung entzogen, richtet sich das der Bewertung nach §§ 3 ff. ZPO zugrunde zu legende wirtschaftliche Interesse dieses Gesellschafters an der Nichtigerklärung des Ausschließungsbeschlusses der Gesellschaft nach dem Wert seiner Geschäftsführer- und Haftungsvergütung. Diese verliert er mit dem Entzug der Gesellschafterstellung und in deren Höhe ist er daher durch die Abweisung der Klage gegen den Ausschließungsbeschluss im Sinn des § 511 ZPO beschwert.

Im hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Streitfall stehen der Komplementär-GmbH nach dem Gesellschaftsvertrag als Vergütung 0, 3 % zzgl. Umsatzsteuer auf die Summe der Kapitalkonten – I zum 31.12. eines jeden Geschäftsjahres und (jedenfalls) 12.000 € monatlich zu. Die Summe der Kapitalkonten – I betrug zum 31.12 2011 unstreitig 11.512.615, 33 €. 0, 3% hiervon sind 34.537, 85 € netto. Hinzu kommt gemäß § 9 ZPO der 3, 5fache Wert eines Jahresgehalts. Damit übersteigt das wirtschaftliche Interesse der Komplementär-GmbH den Berufungsstreitwert von 600 € um ein Vielfaches.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 4. November 2014 – II ZB 15/13

  1. vgl. nur BGH, Beschluss vom 08.12 2008 – II ZR 39/08, NZG 2009, 518 Rn. 2; Beschluss vom 24.06.2014 – II ZR 29/13 4[]
  2. vgl. BGH, Beschluss vom 28.06.2011 – II ZR 127/10, NZG 2011, 911; Beschluss vom 02.03.2009 – II ZR 59/08, GmbHR 2009, 995 Rn. 3, 4[]
  3. vgl. nur BGH, Urteil vom 06.04.1987 – II ZR 101/86, ZIP 1987, 909, 910 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 47 – III 1 b, S. 1381 f.; Roth in Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 120 Rn. 23[]
  4. vgl. nur BGH, Urteil vom 08.02.2011 – II ZR 263/09, BGHZ 188, 233 Rn. 21 mwN[]