Bei einem Streit über den Umfang des Wasserverbrauchs obliegt dem Versorgungsunternehmen die Beweislast dafür, dass ein technisch einwandfrei funktionierender Zähler installiert war und ordnungsgemäß abgelesen wurde. Hat eine Überprüfung des Wasserzählers durch eine staatlich anerkannte Prüfstelle für Messgeräte die Einhaltung der in der Eichordnung festgelegten Verkehrsfehlergrenzen ergeben, spricht der Beweis des ersten Anscheins für die Richtigkeit der Anzeige der Wasseruhr.

Der Kunde hat einen von ihm behaupteten Defekt des Zählers substantiiert darzutun und den Zähler nach § 19 AVBWasserV überprüfen zu lassen, um die Fiktion zu entkräften, nach der die Angaben geeichter Messgeräte innerhalb der festgelegten Fehlergrenzen als richtig gelten.
Meldet der Kunde nach Zugang der Wasserrechnung Zweifel an der Funktionstüchtigkeit eines bereits ausgebauten Wasserzählers an, ohne zugleich einen Antrag gemäß § 19 AVBWasserV zu stellen, so hat das Versorgungsunternehmen entweder selbst eine Nachprüfung des Wasserzählers zu veranlassen oder ihn zumindest aufzubewahren, um eine spätere Nachprüfung zu ermöglichen.
Gemäß § 30 AVBWasserV und § 20 Abs.1 Ziffer 1 ABE sind im Zahlungsprozess des Versorgungsunternehmens Einwände des Kunden gegen die vom Versorgungsunternehmen erteilten Rechnungen nur zugelassen, wenn und soweit sich aus den Umständen ergibt, dass offensichtliche Fehler vorliegen. Zu diesen vom Einwendungsausschluss erfassten Fehlern zählen insbesondere Mess-, Ablese- oder Rechenfehler, die bei der Verbrauchserfassung oder -berechnung aufgetreten sind[1]. Aus derartigen Fehlern leitet die Kundin ihre Einwände her. Sie bestreitet insbesondere, dass der Zähler funktionstüchtig war und dass er den in Rechnung gestellten Verbrauch tatsächlich erfasst hat[2].
Der Einwand, dass solche Fehler vorliegen, ist im Zahlungsprozess des Versorgungsunternehmens allerdings erst dann erheblich, wenn die Richtigkeit dieses Einwandes nach den Umständen offensichtlich ist. Das setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes wie auch der in der Instanzrechtsprechung und im Schrifttum nahezu durchgehend vertretenen Auffassung voraus, dass die Rechnung bereits auf den ersten Blick Fehler erkennen lässt, also bei objektiver Betrachtung kein vernünftiger Zweifel über die Fehlerhaftigkeit möglich ist[3]. Derart erhebliche Einwendungen hat die Kundin nicht vorgetragen und sind auch nicht ersichtlich.
Die bloße Behauptung, dass der in Rechnung gestellte Verbrauch nicht zutreffe und vermutlich die Messeinrichtung fehlerhaft sei, reicht nicht aus, um einen offensichtlichen Fehler annehmen zu können[4]. Eine außergewöhnliche, mit normalem Verbrauch kaum erklärbare Steigerung des Wasserverbrauchs allein kann keinen Anhaltspunkt für einen Fehler bei der rechnerischen Verbrauchsaufstellung bieten und lässt sich nicht ohne weiteres als fehlerhaft bewerten, weil die Verbrauchssteigerung auch mit einem oder mehreren Rohrbrüchen im Risikobereich des Kunden erklärt werden kann. Der Umstand, dass ein Haus längere Zeit unbewohnt war, gleichwohl der Wasserzähler einen Verbrauch anzeigt, begründet ebenfalls keinen offensichtlichen Fehler[5].
Auch die weiteren Umstände, die die Kundin zum Beleg eines offensichtlichen Fehlers vorträgt, greifen nicht. Für die Frage, ob die Rechnung vom 15.09.2010 offensichtlich fehlerhaft ist, ist ohne Belang, wie die Mitarbeiter des Wasserversorgers auf das Grundstück der Kundinn gelangt sind. Selbst wenn sie sich eines Hausfriedensbruches schuldig gemacht hätten, könnte aus diesem Umstand nicht geschlossen werden, dass die Rechnung vom 15.09.2010 offensichtlich fehlerhaft ist. Für die Frage, ob die Rechnung vom 15.09.2010 offensichtlich fehlerhaft ist, ist ebenfalls ohne Belang, ob der Wasserversorger verpflichtet gewesen wäre, die Kundin vor dem Ausbau des Wasserzählers anzuhören. Selbst wenn der Wasserversorger die Kundin vor dem Ausbau des Zählers hätte anhören müssen, würde sich deshalb nicht eine Fehlerhaftigkeit der Rechnung vom 15.09.2010 zweifelsfrei aufdrängen. Ohne Belang für die Frage, ob die Rechnung vom 15.09.2010 offensichtlich fehlerhaft ist, ist auch, ob am 3.08.2010 die Voraussetzungen für eine fristlose Einstellung der Wasserversorgung gemäß § 33 AVBWasserV vorlagen. Der Wasserversorger hat die befristete Schließung der Wasserversorgung unstreitig wegen des festgestellten hohen Verbrauchs[6] und damit im Interesse der Kundinn, die ohnehin bereits mit Schreiben vom 05.12.2008[7] die befristete Schließung des Trinkwasseranschlusses auf eigene Kosten beantragt haben will, veranlasst.
Der Nachweis einer offensichtlichen Fehlerhaftigkeit erfordert, dass die Abrechnungen bereits auf den ersten Blick Fehler erkennen lassen, dass also bei objektiver Betrachtung kein vernünftiger Zweifel über die Fehlerhaftigkeit möglich ist, sondern sich die Fehlerhaftigkeit anhand offen zutage liegender Umstände zweifelsfrei aufdrängt[8]. An einer solchen Offensichtlichkeit fehlt es hier.
§ 20 ABE ist nicht wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der unangemessenen Benachteiligung gemäß § 307 BGB unwirksam. Das Kammergericht hat die Wirksamkeit von § 20 ABE bereits in mehreren Entscheidungen bestätigt[9]. Die [10]. Zugunsten des Wasserversorgers kann unterstellt werden, dass es sich bei dem am 2.02.2009 neu installierten Wasserzähler um ein geeichtes Gerät handelte, so dass grundsätzlich der Beweis des ersten Anscheins für die Richtigkeit der Anzeige der Wasseruhr spricht und es damit der Kundinn obliegt, diesen Anscheinsbeweis zu widerlegen. Der Gegenbeweis für die fehlerhafte Funktion eines Zählers kann weder mit dem Hinweis auf einen überdurchschnittlich hohen Wasserverbrauch noch mit einer rein theoretischen Möglichkeit einer Fehlerquelle geführt werden[11]. Die Kundin hat als Kunde den von ihr behaupteten Defekt des Zählers substantiiert darzutun und den Zähler nach § 19 AVBWasserV überprüfen zu lassen, um die Fiktion zu entkräften, nach der die Angaben geeichter Messgeräte innerhalb der festgelegten Fehlergrenzen als richtig gelten[12]. Gemäß § 19 AVB WasserV kann der Kunde jederzeit die Nachprüfung der Meßeinrichtungen durch die Eichbehörde oder eine staatlich anerkannte Prüfstelle im Sinne des § 6 Abs.2 des Eichgesetzes verlangen. Die Kundin hatte erstmals Veranlassung an Funktionstüchtigkeit des Wasserzählers zu zweifeln, als ihr die Wasserrechnung vom 15.09.2010 zuging. Sie hat diese Zweifel im Anschluss an dieses Schreiben auch sogleich, nämlich mit Schreiben vom 12.Oktober 2010 gegenüber des Wasserversorgers angemeldet. Gleichwohl hat der Wasserversorger den Wasserzähler nicht aufbewahrt, sondern diesen einer anderen Verwendung zugeführt, so dass eine Prüfung des Zählers nicht mehr möglich ist. Zwar hat die Kundin, nachdem ihr die Rechnung vom 15.09.2010 zugegangen ist, nicht sogleich einen Antrag gemäß § 19 AVBWasserV gestellt; gleichwohl wäre der Wasserversorger im vorliegenden Fall verpflichtet gewesen, den Wasserzähler aufzubewahren, um eine spätere Nachprüfung des Wasserzählers zu ermöglichen. Eine Pflicht zur dauernden Aufbewahrung einer Messeinrichtung zu Beweiszwecken besteht nur dann nicht, wenn der Kunde beim Zählerwechsel keine Einwände gegen den ihm mitgeteilten Zählerstand erhebt[13]. Die Kundin hatte am 3.08.2010, als der Zähler ausgebaut wurde, keine Gelegenheit, zu dem Zählerstand Stellung zu nehmen, da sie nicht anwesend war. Dass sie nicht anwesend war, kann ihr nicht zur Last gelegt werden, da sie nicht davon ausgehen musste, dass der Wasserzähler zu diesem Termin ausgebaut werden würde. Angekündigt war eine Spülung der Anlage, mit der Begründung, dass diese geraume Zeit nicht gebraucht worden sei, nicht aber der Ausbau des Zählers. Damit dass der Zähler wegen eines außergewöhnlich hohen Wasserverbrauchs ausgebaut werden würde, musste die Kundin vor diesem Hintergrund auch nicht rechnen. Die Kundin hat rechtzeitig, nämlich alsbald nach Zugang des Schreibens vom 15.09.2010 mitgeteilt, dass sie Zweifel an der Funktionstüchtigkeit des Wasserzählers hat. Der Wasserversorger wäre daher verpflichtet gewesen, den Wasserzähler aufzubewahren. Dem Wasserversorgungsunternehmen war aufgrund des Schreibens der Kundinn vom 12.10.2010 bekannt, dass dem ausgebauten Wasserzähler Beweisfunktion zukommen könnte. Aus dem Umstand allein, dass die Kundin nicht sogleich einen Antrag gemäß § 19 AVBWasserV gestellt hat, durfte sie nicht den Schluss ziehen, dass eine Nachprüfung des Wasserzählers in der Zukunft nicht mehr in Frage kommen würde. Sie hätte entweder selbst eine Nachprüfung vornehmen lassen müssen – was grundsätzlich möglich ist[14] – oder sie hätte den Wasserzähler aufbewahren müssen. Da sie ihn einer anderen Funktion zugeführt und damit eine Nachprüfung verhindert hat, ist in analoger Anwendung von § 444 ZPO von einer Beweislastumkehr auszugehen[15]. Der Wasserversorger ist damit für die behauptete Funktionstüchtigkeit des Wasserzählers beweisfällig geblieben.
Kammergericht, Beschluss vom 4. Februar 2013 – 8 U 215/12, 8 U 123/12
- Hempel, Franke/Schütte/Horstkotte, § 30 AVBWasserV, Rdnr. 25 mwN[↩]
- Bl.113 d.A.[↩]
- BGH, Urteil vom 06.12.1989 – VIII ZR 8/89; Steenbuck, Der Regressanspruch gegen den Energie- und Wasserversorger, MDR 2010, S. 358; Hempel, a.a.O. Rn. 27; jeweils mwN[↩]
- Hempel, a.a.O., § 30 AVBWasserV, Rdnr.35[↩]
- Hempel, a.a.O., § 30 AVBWasserV, Rdnr.34[↩]
- Bd.I Bl.3 d.A.[↩]
- Bd.I Bl.46 d.A.[↩]
- BGH, Urteil vom 21.11.2012, – VIII ZR 17/12 –[↩]
- KG, KGR Berlin 2001, 273; KG, KGR Berlin 2000, 133[↩]
- BGH, Urteil vom 05.07.2005 – X ZR 60/04) hat sich nicht mit § 20 ABE, sondern mit einer anders lautenden Klausel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen der Berliner Stadtreinigung (BSR) auseinandergesetzt. Die Klausel enthielt – anders als die hier streitgegenständliche – einen generellen Einwendungsausschluss und ließ Einwendungen nicht einmal in Ansehung offensichtlicher Fehler zu.
Bei einem Streit über den Umfang des Wasserverbrauchs obliegt dem Versorgungsunternehmen die Beweislast dafür, dass ein technisch einwandfrei funktionierender Zähler installiert war und ordnungsgemäß abgelesen wurde. Hat eine Überprüfung des Wasserzählers durch eine staatlich anerkannte Prüfstelle für Messgeräte die Einhaltung der in der Eichordnung festgelegten Verkehrsfehlergrenzen ergeben, spricht ein Beweis des ersten Anscheins für die Richtigkeit der Anzeige der Wasseruhr ((VG Halle, Urteil vom 28.10.2011 – 4 A 93/11, m.w.N.; Hempel, a.a.O., § 21 AVBWasserV, Rdnr.139; OLG Zweibrücken, MDR 1987, 844[↩]
- Hempel, a.a.O. § 30 AVB WasserV, Rdnr.57[↩]
- Hempel, § 30 AVBWasserV, Rdnr.36[↩]
- Hempel, a.a.O., § 21 AVBWasserV, Rdnr.142[↩]
- Hempel, a.a.O., § 19, Rdnr.3[↩]
- vgl. BGH, MDR 1994, 451[↩]

