Wettbewerbsrechtlicher Beseitigungsanspruch gibt keinen Rückerstattungsanspruch an Verbraucher

Ein Verbraucherverband kann mit dem wettbewerbsrechtlichen Beseitigungsanspruch nicht die Rückzahlung aufgrund unwirksamer Allgemeiner Geschäftsbedingungen einbehaltener Geldbeträge an die betroffenen Verbraucher verlangen.

In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hat der Dachverband deutscher Verbraucherzentralen gegen einen Festivalveranstalter geklagt. Zur Bezahlung auf dem Festivalgelände konnten die Besucher ein Armband erwerben und mit Geldbeträgen aufladen. Der Veranstalter bot eine Rückerstattung nicht verbrauchter Geldbeträge in seinen Nutzungsbedingungen wie folgt an: „Bei der Auszahlung des restlichen Guthabens nach dem Festival durch das Eventportal wird eine Rückerstattungsgebühr von 2, 50 € fällig„. Der Verbraucherzentrale Bundesverband hält die Erhebung einer solchen Rückerstattungsgebühr (Payout Fee) für unlauter und nimmt den Veranstalter insbesondere auf Rückzahlung der einbehaltenen Beträge an die betroffenen Verbraucher in Anspruch.

Das erstinstanzlich hiermit befasste Landgericht Rostock hat die Klage des Verbraucherverbandes abgewiesen[1]. Die vom Verbraucherzentrale Bundesverband eingelegte Berufung hat das Oberlandesgericht Rostock zurückgewiesen[2]. Und der Bundesgerichtshof hat nun auch die vom Oberlandesgericht Rostock zugelassene Revision des Verbraucherzentrale Bundesverbands als unbegründet zurückgewiesen:

Ein Beseitigungsanspruch lässt sich – wie das Oberlandesgericht Rostock mit Recht angenommen hat – nicht aus § 1 UKlaG herleiten. Diese Vorschrift begründet nur einen Anspruch auf Unterlassung, nicht aber auch auf Beseitigung.

Dem Verbraucherzentrale Bundesverband steht gegen den Veranstalter auch kein Beseitigungsanspruch auf Rückzahlung der einbehaltenen Payout Fee an die betroffenen Verbraucher gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 unter dem Gesichtspunkt des Rechtsbruchs gemäß §§ 3, 3a UWG in Verbindung mit § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB zu.

Das Oberlandesgericht Rostock hat zutreffend angenommen, dass die Nutzungsbedingungen des Veranstalters Allgemeine Geschäftsbedingungen sind und die darin enthaltene Klausel über die Erhebung einer Payout Fee in Höhe von 2, 50 € bei Auszahlung nicht verbrauchten Guthabens gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam ist. Denn der Veranstalter erbringt mit der Rückerstattung nicht verbrauchter Geldbeträge keine eigenständige vergütungsfähige Leistung, sondern erfüllt eine ohnehin bestehende vertragliche Verpflichtung. Das Oberlandesgericht Rostock hat ebenso zutreffend gemeint, dass der darin liegende Verstoß gegen §§ 3, 3a UWG geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen, da diese durch die Klausel davon abgehalten werden könnten, Rückzahlungsansprüche gegenüber dem Veranstalter geltend zu machen.

Zu Recht hat das Oberlandesgericht Rostock entschieden, dass der Verbraucherzentrale Bundesverband mit dem wettbewerbsrechtlichen Beseitigungsanspruch vom Veranstalter keine Rückzahlung der aufgrund der unwirksamen Klausel einbehaltenen Payout Fee an dessen Kunden verlangen kann. Ein solcher Anspruch steht mit der Systematik des kollektiven Rechtsschutzes nach dem geltenden Recht nicht im Einklang. Der Gesetzgeber hat im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb einen verschuldensabhängigen Gewinnabschöpfungsanspruch zugunsten des Bundeshaushalts und einen ebenfalls verschuldensabhängigen Verbraucherschadensersatz vorgesehen. Im Jahr 2023 hat der Gesetzgeber durch das Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz die Abhilfeklage eingeführt, mit der qualifizierte Verbraucherverbände gegen Unternehmer gerichtete Ansprüche von Verbrauchern auf Leistung geltend machen können. Das sich daraus ergebende Konzept des kollektiven Rechtsschutzes würde durch einen aus § 8 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 UWG abgeleiteten verschuldensunabhängigen Beseitigungsanspruch von qualifizierten Verbraucherverbänden unterlaufen, mit dem ein Unternehmer zur Rückzahlung der von ihm zulasten einer Vielzahl von Verbrauchern einbehaltenen Geldbeträge an die betroffenen Verbraucher verpflichtet werden könnte.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 11. September 2024 – I ZR 168/23

  1. LG Rostock, Urteil vom 15.12.2020 – 3 O 1091/19[]
  2. OLG Rostock, Urteil vom 15.11.2023 – 2 U 15/21[]