Der steuerliche Streit um die Innengesellschaft – und die notwendige Beiladung des Empfangsbevollmächtigten

Der Empfangsbevollmächtigte einer atypisch stillen Gesellschaft bzw. einer ähnlichen Innengesellschaft ist in dem finanzgerichtlichen Verfahren betreffend die Gewinnfeststellung nach § 48 Abs. 2 FGO klagebefugt und muss zu diesem Verfahren notwendig beigeladen werden.

Der steuerliche Streit um die Innengesellschaft – und die notwendige Beiladung des Empfangsbevollmächtigten

Eine Innengesellschaft kann als solche nicht Beteiligte eines finanzgerichtlichen Verfahrens sein, das die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung betrifft. Denn bei der Innengesellschaft kommt eine Vertretung, d.h. ein rechtsgeschäftliches Handeln für die Gesellschaft im Außenverhältnis, nicht in Betracht.

Die Innengesellschaft hat keine Organe und keine Bevollmächtigten. Die Rolle des nicht vorhandenen Geschäftsführers übernimmt bei der atypisch (mitunternehmerischen) stillen Gesellschaft oder einer ähnlichen Innengesellschaft gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 2, Abs. 2 FGO der Empfangsbevollmächtigte. Diesem stehen deshalb dieselben prozessualen Befugnisse zu wie einem vertretungsberechtigten Geschäftsführer nach dem Regeltatbestand des § 48 Abs. 1 Nr. 1 Alternative 1 FGO; er handelt im eigenen Namen im Interesse der Feststellungsbeteiligten und damit für diese als gesetzlicher Prozessstandschafter[1].

Eine unterbliebene notwendige Beiladung stellt einen Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens dar. Die Vorschriften über die notwendige Beiladung regeln eine unverzichtbare Sachentscheidungsvoraussetzung, die vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfen ist[2]. § 123 Abs. 1 Satz 2 FGO eröffnet dem BFH lediglich die Möglichkeit, eine notwendige Beiladung im Revisionsverfahren nachzuholen[3].

Im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Streitfall ergibt sich aus den vorgelegten Akten, dass der Prozessbevollmächtigte ausweislich der bei dem Finanzamt eingereichten Feststellungserklärungen von den Klägern, dem Einzelunternehmer und den an seinem Unternehmen beteiligten atypisch stillen Gesellschaftern, zum Empfangsbevollmächtigten bestellt worden ist und die Kläger auch den Anforderungen des § 48 Abs. 2 Satz 3 FGO entsprechend über die Klagebefugnis des Empfangsbevollmächtigten belehrt worden sind. Das Finanzgericht hat den Empfangsbevollmächtigten der von ihm angenommenen atypisch stillen Gesellschaft nicht zu dem Klageverfahren beigeladen, obwohl ein Fall der notwendigen Beiladung vorliegt (§ 60 Abs. 3 FGO).

Das ihm von § 123 Abs. 1 Satz 2 FGO eröffnete Ermessen, eine notwendige Beiladung des Empfangsbevollmächtigten im Revisionsverfahren nachzuholen, übte der Bundesfinanzhof dahin aus, die unterbliebene Beiladung des Empfangsbevollmächtigten nicht nachzuholen, sondern die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückzuverweisen. Dies war im Streitfall zweckmäßig und ermessensgerecht.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 12. Mai 2016 – IV R 27/13

  1. vgl. BFH, Urteil vom 22.09.2011 – IV R 8/09, BFHE 235, 287, BStBl II 2012, 183, und BFH, Beschluss vom 21.12 2011 – IV B 101/10[]
  2. BFH, Urteil vom 11.10.2007 – IV R 52/04, BFHE 219, 129, BStBl II 2009, 705[]
  3. ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Urteil vom 04.09.2014 – IV R 44/13[]