Aktienbewertung im Spruchverfahren

In Spruchverfahren ist das Gericht im Rahmen seiner Schätzung des Verkehrswertes des Aktieneigentums nicht gehalten, darüber zu entscheiden, welche Methode der Unternehmensbewertung und welche methodische Einzelentscheidung innerhalb einer Bewertungsmethode richtig sind.

Aktienbewertung im Spruchverfahren

Vielmehr können Grundlage der Schätzung des Anteilswerts durch das Gericht alle Wertermittlungen sein, die auf in der Wirtschaftswissenschaft anerkannten und in der Bewertungspraxis gebräuchlichen Bewertungsmethoden sowie methodischen Einzelentscheidungen innerhalb einer solchen Bewertungsmethode beruhen, auch wenn diese in der wissenschaftlichen Diskussion nicht einhellig vertreten werden.

Grundlage der Schätzung des Gerichts können somit vom Grundsatz her sowohl Wertermittlungen basierend auf fundamentalanalytischen Wertermittlungsmethoden wie das Ertragswertverfahren als auch auf marktorientierten Methoden wie eine Orientierung an Börsenkursen sein. Entscheidend ist, dass die jeweilige Methode in der Wirtschaftswissenschaft anerkannt und in der Praxis gebräuchlich ist.

Als anerkannt und gebräuchlich ist derzeit nicht nur, aber jedenfalls auch das anzusehen, was von dem Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) in dem Standard IDW S 1 sowie in sonstigen Verlautbarungen des Fachausschusses für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) vertreten wird. Hierbei handelt es sich um allgemeine Erfahrungssätze, die auf Grund fachlicher Erfahrungen gebildet werden und einem dynamischen Prozess unterliegen.

Das Bewertungsgutachten und der Bericht des sachverständigen Prüfers bieten jedenfalls dann eine hinreichende Schätzgrundlage, wenn die dortige Unternehmensbewertung auf in der Wirtschaftswissenschaft anerkannten und in der Bewertungspraxis gebräuchlichen Methoden beruht.

Weist der von dem Vorstand mit der Unternehmensbewertung beauftragte Bewertungsgutachter darauf hin, dass die ihm vorliegende Unternehmensplanung in bestimmten Punkten unplausibel ist, kann der Vorstand seine Unternehmensplanung anpassen. Passt er die Planung an, ist fortan diese neue Planung als solche des Vorstands anzusehen, von der im Zuge der weiteren Unternehmensbewertung und sodann auch in dem gerichtlichen Spruchverfahren auszugehen ist. Die neue Planung kann der Schätzung des Unternehmenswertes zu Grunde gelegt werden, wenn diese auf zutreffenden Informationen und daran orientierten, realistischen Annahmen beruht und nicht in sich widersprüchlich ist. Ein Grundsatz der Meistbegünstigung zu Gunsten der Anteilseiger, der verlangte, eine ihnen günstigere ursprüngliche Planung auch in einer solchen Situation zu Grunde zu legen, besteht nicht.

Oberlandesgericht Stuttgart, Beschluss vom 5. Juni 2013 – 20 W 6/10