Das Darlehen der nicht am KG-Kapital beteiligten Komplementär-GmbH

Die fehlende Beteiligung der Komplementär-GmbH am Kapital der darlehensnehmenden GmbH & Co. KG steht einer Anwendung des Gesellschafterdarlehensrechts auf den Gesellschafter der Komplementär-GmbH nicht entgegen.

In dem hier vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatte der Insolvenzverwalter der A GmbH gegen den Insolvenzverwalter der A GmbH & Co. KG geklagt. Beide Unternehmen gehörten zur so genannten A.  Gruppe. Alleingesellschafter der A. GmbH und zugleich bis 4.05.2016 deren Alleingeschäftsführer war H. A. . Komplementärin der GmbH & Co. KG war die A. Beteiligungs GmbH (im Folgenden: KomplementärGmbH), an der H. A. zu 10 % und B. A. zu 90 % beteiligt waren. Geschäftsführer der Komplementär-GmbH waren B. A. und bis zum 12.08.2014 auch H. A. . Die Komplementär-GmbH war am Kapital der GmbH & Co. KG nicht beteiligt. Einziger Kommanditist der GmbH & Co. KG war B. A. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH & Co. KG am 20.02.2015 meldete die A. GmbH bei dem Insolvenzverwalter der GmbH & Co. KG eine Forderung in Höhe von 87.111 € mit der Bezeichnung „Darlehen“ im Rang des § 38 InsO zur Insolvenztabelle an. Es wurde geltend gemacht, die angemeldete Forderung beruhe auf einem mit der GmbH & Co. KG am 1.07.2010 geschlossenen Darlehensvertrag. Der Insolvenzverwalter der GmbH & Co. KG widersprach der Forderung (auch) im Hinblick auf den geltend gemachten Rang, weil sie gemäß § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO nachrangig sei. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der A. GmbH im Jahr 2018 erhob der Insolvenzverwalter der GmbH Klage auf Feststellung der Darlehensforderung im Rang des § 38 InsO.

Das erstinstanzlich hiermit befasste Landgericht Düsseldorf hat die Feststellungsklage abgewiesen[1]. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Berufung des Insolvenzverwalters des GmbH nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen[2]. Mit seiner vom Bundesgerichtshof wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision verfolgt der Insolvenzverwalter der GmbH seinen Feststellungsantrag weiter, blieb aber letztlich ohne Erfolg; der Bundesgerichtshof wies die Revision nun als unbegründet zurück:

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die streitbefangene Forderung aus einer Rechtshandlung folgt, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entspricht (§ 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Variante 2 InsO).

Gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 InsO werden Forderungen auf Rückgewähr eines Gesellschafterdarlehens oder Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem solchen Darlehen wirtschaftlich entsprechen, nachrangig berichtigt. Der Anwendungsbereich des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 InsO ist eröffnet, weil die als GmbH & Co. KG geführte GmbH & Co. KG weder eine natürliche Person noch eine Gesellschaft als persönlich haftenden Gesellschafter hat, bei der ein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist (§ 39 Abs. 4 Satz 1 InsO). Die darlehensgebende A. GmbH war allerdings keine Gesellschafterin der GmbH & Co. KG.

Von § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 InsO werden aber auch Rechtshandlungen Dritter erfasst, welche der Darlehensgewährung durch einen Gesellschafter wirtschaftlich entsprechen. Dies gilt insbesondere für Darlehen verbundener Unternehmen[3]. Die Verbindung kann – vertikal – in der Weise bestehen, dass der Dritte an einer Gesellschafterin der Schuldnergesellschaft beteiligt ist. Sie kann aber auch – horizontal – so ausgestaltet sein, dass ein Gesellschafter an beiden Gesellschaften, der das Darlehen annehmenden und der das Darlehen gewährenden Gesellschaft beteiligt ist, und zwar an der letztgenannten in maßgeblicher Weise. Eine maßgebliche Beteiligung in diesem Sinn ist gegeben, wenn der Gesellschafter auf die Entscheidungen des hilfeleistenden Unternehmens, nämlich auf die Gewährung oder auf den Abzug der Leistungen an das andere Unternehmen, einen bestimmenden Einfluss ausüben kann[4]. Da die Gesellschafter der darlehensnehmenden Gesellschaft keine Entscheidung über die Gewährung oder den Abzug der Finanzierungshilfe zu treffen haben, setzt die horizontale Verbindung bei ihnen, bis zur Grenze des Kleinbeteiligtenprivilegs des § 39 Abs. 5 InsO, keine Mindestbeteiligung voraus. Dies gilt auch im Fall einer mittelbaren Beteiligung des Gesellschafters an der darlehensnehmenden Gesellschaft[5]. Die Behandlung eines Darlehens als gesellschaftergleiches Darlehen kann sich auch aus einer Kombination der vorgenannten horizontalen und vertikalen Verbindungen ergeben, etwa dergestalt, dass der nur mittelbar an der das Darlehen nehmenden Gesellschaft beteiligte Gesellschafter eine unmittelbare maßgebliche Beteiligung an der das Darlehen gewährenden Gesellschaft hält[6].

Ausgehend hiervon hat das Oberlandesgericht Düsseldorf im Ergebnis zutreffend eine die Gleichstellung mit einem Gesellschafterdarlehen rechtfertigende Verbindung des H. A. sowohl mit der das Darlehen gebenden A. GmbH als auch mit der das Darlehen nehmenden GmbH & Co. KG bejaht.

war alleiniger Gesellschafter der das Darlehen gebenden A. GmbH. Er konnte damit bestimmenden Einfluss auf die Gewährung oder auf den Abzug des streitgegenständlichen Darlehens durch die A. GmbH ausüben. Zugleich war H. A. zwar nicht unmittelbarer Gesellschafter der GmbH & Co. KG. Er war aber mit einem Anteil von 10 % an der KomplementärGmbH der GmbH & Co. KG beteiligt und dadurch mittelbarer Gesellschafter der GmbH & Co. KG. Zudem war er bis zum 12.08.2014 auch Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der GmbH & Co. KG. Diese Art der Beteiligung genügt für die Annahme einer Verbindung des H. A. zur GmbH & Co. KG, welche die Gleichstellung mit einem Gesellschafterdarlehen rechtfertigt.

In der Literatur ist allerdings umstritten, unter welchen Voraussetzungen ein Darlehen, welches der das Darlehen nehmenden GmbH & Co. KG von dem nur an der Komplementär-GmbH beteiligten Gesellschafter (selbst oder über eine dritte Gesellschaft, an der er maßgeblich beteiligt ist) gewährt wird, dem Gesellschafterdarlehensrecht unterfällt. 

Eine verbreitete Ansicht nimmt an, dass der Gesellschafter der Komplementär-GmbH als mittelbarer Gesellschafter der GmbH & Co. KG auch dann in das Gesellschafterdarlehensrecht einbezogen sein kann, wenn er nicht zugleich – als Kommanditist – an der KG beteiligt ist. Voraussetzung hierfür sei aber, dass der Gesellschafter über die Komplementär-GmbH mittelbar an der KG eine die Kleinbeteiligungsschwelle des § 39 Abs. 5 InsO überschreitende Beteiligung halte. Daran fehle es, wenn die Komplementär-GmbH – wie in der Praxis häufig ihrerseits nicht am Haftkapital der GmbH & Co. KG beteiligt sei. In diesem Fall reiche auch die Geschäftsführerstellung in der Komplementär-GmbH nicht für eine Einbeziehung in das Gesellschafterdarlehensrecht aus[7]. Bezogen auf den Streitfall hätte dies zur Folge, dass das Darlehen dem Gesellschafterdarlehensrecht nicht unterfiele, weil die Komplementär-GmbH am Haftkapital der GmbH & Co. KG nicht beteiligt war. Die Forderung der A. GmbH könnte als Insolvenzforderung nach § 38 InsO zur Tabelle angemeldet werden.

Nach anderer Auffassung ist es nicht erheblich, ob die KomplementärGmbH am Haftkapital der GmbH & Co. KG beteiligt ist[8]. Bezogen auf den Streitfall hätte dies die Nachrangigkeit der Forderung der A. GmbH nach § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 InsO zur Folge.

Der Bundesgerichtshof hat sich noch nicht abschließend geäußert. Für die Frage einer maßgeblichen Beteiligung an der darlehensgebenden Gesellschaft hat er allerdings die Stellung als (Allein-)Gesellschafterin der Komplementär-GmbH der als GmbH & Co. KG verfassten Darlehensgeberin unabhängig von einer Kapitalbeteiligung der GmbH an der KG für ausreichend gehalten[9]. Der Bundesgerichtshof hat für diesen Fall angenommen, dass die Komplementär-GmbH und damit auch deren Alleingesellschafterin einen bestimmenden Einfluss auf die Handlungen der das Darlehen gebenden GmbH & Co. KG ausüben konnten.

Geht es wie hier um die mittelbare Beteiligung an der darlehensnehmenden Gesellschaft, entscheidet nicht der bestimmende Einfluss. Die mit Urteil vom 15.11.2018[9] entwickelten Grundsätze können deshalb nicht ohne weiteres herangezogen werden. Vielmehr muss berücksichtigt werden, dass die Darlehensgewährung an eine GmbH & Co. KG vorbehaltlich abweichender Regelungen dem mittelbar über die Komplementär-GmbH Beteiligten nicht über ein (abgeleitetes) Gewinnbezugsrecht zugutekommt[10], wenn es an einer Beteiligung der Komplementär-GmbH am Kapital der KG fehlt. Gleichwohl ist die Annahme einer Rechtshandlung, die einem Gesellschafterdarlehen entspricht (§ 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Variante 2 InsO), auch in diesem Fall nicht ausgeschlossen. 

§ 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Variante 2 InsO erfasst Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen. Leitbild für die Bestimmung des Anwendungsbereichs von § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Variante 2 InsO ist daher der Begriff des Gesellschafterdarlehens aus § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Variante 1 InsO. Wer Gesellschafter im Sinn des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Variante 1 InsO ist, richtet sich in erster Linie nach gesellschaftsrechtlichen Maßstäben. Gesellschafter sind daher alle an der GmbH & Co. KG unmittelbar beteiligten formalen Gesellschafter[11]. Ein Kapitalanteil an der Gesellschaft ist nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht vorausgesetzt. Dieser Befund wird gestützt durch die Gesetzessystematik, insbesondere durch den Regelungszusammenhang mit § 39 Abs. 5 InsO. Nach dieser Vorschrift unterliegt ein geschäftsführender Gesellschafter auch bei gänzlich fehlender Beteiligung am Haftkapital dem Gesellschafterdarlehensrecht[12].

Sinn und Zweck des Gesellschafterdarlehensrechts erfordern keine einschränkende Auslegung des Wortlauts des § 39 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Variante 1 InsO. Zwar liegt der tragende Grund der Nachrangigkeit darin, dass der Gesellschafter eine Geschäftstätigkeit (fremd-)finanziert, die ihm mittelbar über seine Stellung als Gesellschafter zugutekommt[10]. Das bedeutet jedoch nicht, dass es zwingend eines Kapitalanteils bedarf. Das für die Anwendung des Gesellschafterdarlehensrechts erforderliche Eigeninteresse kann auch in einer Lenkung der Geschäftstätigkeit zum Ausdruck kommen[13].

Für die hier zu beurteilende mittelbare Beteiligung über die Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG gilt nichts anderes. Da es für die unmittelbare Gesellschafterstellung keines Kapitalanteils bedarf, steht die fehlende Beteiligung der Komplementär-GmbH am Kapital der darlehensnehmenden GmbH & Co. KG einer Anwendung des Gesellschafterdarlehensrechts auf den Gesellschafter der Komplementär-GmbH nicht entgegen. Ist dieser zugleich in maßgeblicher Weise an der darlehensgebenden Gesellschaft beteiligt, ist deren Darlehensrückzahlungsanspruch vorbehaltlich eines Eingreifens des Kleinbeteiligtenprivilegs nachrangig.

Im hier entschiedenen Streitfall bestand danach eine hinreichende Verbindung zur darlehensnehmenden GmbH & Co. KG. H. A. war als Gesellschafter der Komplementär-GmbH mittelbarer Gesellschafter der GmbH & Co. KG. Das Kleinbeteiligtenprivileg greift zu seinen Gunsten nicht ein, weil er als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH auch die Geschäfte der GmbH & Co. KG führte[14].

Unerheblich ist, dass H. A. im Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH & Co. KG nicht mehr Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der GmbH & Co. KG war. Der damit verbundene Rückfall auf das Kleinbeteiligtenprivileg des § 39 Abs. 5 InsO wäre nur dann bedeutsam, wenn er vor Beginn des letzten Jahres vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH & Co. KG eingetreten wäre[15]

Die Jahresfrist vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GmbH & Co. KG begann im Streitfall am 10.11.2013. Zu diesem Zeitpunkt und noch bis zum 12.08.2014 war H. A. Geschäftsführer der Komplementär-GmbH der GmbH & Co. KG. 

Bundesgerichtshof, Urteil vom 7. November 2024 – IX ZR 216/22

  1. LG Düsseldorf, Urteil vom 31.05.2021 – 5 O 379/19[]
  2. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 20.10.2022 – I-24 U 98/21, NZI 2022, 908[]
  3. BGH, Urteil vom 17.02.2011 – IX ZR 131/10, BGHZ 188, 363 Rn. 10; vom 21.02.2013 – IX ZR 32/12, BGHZ 196, 220 Rn. 15; vom 25.06.2020 – IX ZR 243/18, BGHZ 226, 125 Rn. 22[]
  4. BGH, Urteil vom 25.06.2020, aaO[]
  5. BGH, Urteil vom 15.11.2018 – IX ZR 39/18, ZIP 2019, 182 Rn. 15[]
  6. BGH, Urteil vom 15.11.2018, aaO Rn. 13 ff für den Fall einer GmbH & Co. KG; vom 19.09.2024 – IX ZR 173/23, WM 2024, 1912 Rn. 22[]
  7. Scholz/Bitter, GmbHG, 13. Aufl., § 135 InsO Rn. 67, 97, 102b; Altmeppen, GmbHG, 11. Aufl., Anh. § 30 Rn. 72; HmbKomm-InsO/Lüdtke, 10. Aufl., § 39 Rn. 44; Tillmann, GmbHR 2006, 1289, 1293[]
  8. Kittner, GWR 2022, 365; Dimassi, EWiR 2023, 147, 148; Bangha-Szabo, NZI 2022, 982; jeweils zugleich Anmerkungen zur streitgegenständlichen Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf; vgl. auch Schmidt/Schmidt/Herchen, InsO, 20. Aufl., § 39 Rn. 42, 50[]
  9. BGH, Urteil vom 15.11.2018 – IX ZR 39/18, ZIP 2019, 182 Rn. 9[][]
  10. vgl. BGH, Urteil vom 25.06.2020 – IX ZR 243/18, BGHZ 226, 125 Rn. 27 ff[][]
  11. HmbKomm-InsO/Lüdtke, 10. Aufl., § 39 Rn. 34; FK-InsO/Bornemann, 9. Aufl., § 39 Rn. 44; Könen in Prütting/Bork/Jacoby, InsO, 2022, § 39 Rn. 60; BeckOK-InsO/Prosteder/Dachner, 2024, § 39 Rn. 57[]
  12. vgl. BGH, Urteil vom 25.06.2020 – IX ZR 243/18, BGHZ 226, 125 Rn. 29[]
  13. vgl. BGH, Urteil 25.06.2020, aaO Rn. 29[]
  14. vgl. BGH, Urteil vom 15.11.2018 – IX ZR 39/18, ZIP 2019, 182 Rn. 15[]
  15. vgl. BGH, Urteil vom 20.04.2023 – IX ZR 44/22, ZInsO 2023, 1419 Rn. 8 ff[]