Bei der Auslegung des Benutzungsbegriffs des § 143a Abs. 1 MarkenG ist die nicht abschließende Aufzählung von Benutzungshandlungen in Art. 9 Abs. 3 UMV (gleichlautend mit § 9 Abs. 2 GMV) zu berücksichtigen.

Für nationale Marken enthält § 14 Abs. 3 MarkenG eine entsprechende Regelung. Unter den Benutzungsbegriff fällt danach unter anderem die Einfuhr von Waren „unter dem Zeichen“.
Nach Auffassung des OLG Stuttgart[1] ist im Einschmuggeln markengeschützter Ware, bei dem die Markenzeichen überklebt sind, ein Benutzen des Markenzeichens nicht zu sehen, denn der Wortsinn setze voraus, dass das Zeichen in irgendeiner Weise eingesetzt oder wenigstens kenntlich gemacht werde; eine Einfuhr „unter dem Zeichen“ könne jedenfalls dann nicht mehr bejaht werden, wenn das Zeichen bei der Einfuhr versteckt gehalten werde.
Dieser Ansicht konnte der Bundesgerichtshof jedenfalls im vorliegenden Fall nicht zustimmen[2]. Der Anwendung von § 143a MarkenG ist ebenso wie derjenigen des § 14 MarkenG ein markenfunktionaler Benutzungsbegriff zugrunde zu legen[3]. Der Markeninhaber erhält den Schutz seiner spezifischen markenrechtlichen Interessen um sicherzustellen, dass die Marke ihre Funktion erfüllen kann[4]. Erforderlich ist, dass die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Funktionen der Marke beeinträchtigt oder beeinträchtigen könnte[5]. Hauptfunktion der Marke ist es, die Herkunft der Ware gegenüber den Verbrauchern zu gewährleisten[6]. Die Einfuhr einer solchen Ware ist unabhängig davon, ob der Täter heimlich oder offen importiert, geeignet, die Herkunftsfunktion der Marke[7] zu beeinträchtigen. Der Schutz des Markengesetzes richtet sich gegen den Import jeglicher ohne Zustimmung des Markeninhabers mit der Marke versehener Waren. Da die im Ausland erfolgte Kennzeichnung von Waren infolge des Territorialitätsprinzips nicht vom Verbietungsrecht des Markeninhabers erfasst wird, soll bereits der Eintritt der mit dem Zeichen versehenen Waren in den Geltungsbereich der markenrechtlichen Normen als inländische Verletzungshandlung verfolgbar sein[8]. Einfuhr „unter dem Zeichen“ ist demnach der Import widerrechtlich gekennzeichneter Ware[9]. Sie stellt eine Benutzungshandlung zur Begründung einer Markenrechtsverletzung dar[10]. Ungeachtet dessen, dass Art. 9 Abs. 3 UMV bzw. § 9 Abs. 2 GMV nur Auslegungsregeln enthalten und nicht Gegenstand der Strafnorm sind, steht ihr Wortlaut diesem Verständnis nicht entgegen.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 23. Januar 2018 – 5 StR 554/17
- OLG Stuttgart, NStZ-RR 2000, 25 f.[↩]
- Fezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 14 MarkenG Rn. 860; Ebert-Weidenfeller in: Achenbach/Ransiek/Rönnau, Handbuch des Wirtschaftsstrafrechts, 4. Aufl., Kapitel Markenstrafrecht Rn. 69; vgl. auch BGH, Urteil vom 10.06.1998 – 5 StR 72/98, StV 1998, 663[↩]
- Büscher aaO § 14 MarkenG Rn. 120[↩]
- EuGH GRUR 2007, 318 Nr. 21[↩]
- EuGH GRUR 2005, 153 Nr. 59[↩]
- EuGH GRUR 2003, 55 Nr. 51; Büscher aaO § 14 MarkenG Rn. 121[↩]
- vgl. Thiering in: Ströbele/Hacker/Thiering, § 14 Rn. 97 f.[↩]
- Schweyer in: v. Schultz, Markenrecht, 3. Aufl., § 14 MarkenG Rn. 228[↩]
- Hacker aaO Rn. 179; Ekey aaO § 14 Rn. 328; Schweyer aaO[↩]
- Fezer aaO[↩]

