Übertragung auf Raten – Betriebsveräußerung oder Betriebsverpachtung?

Ein Gewinn i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG ist dann gegeben, wenn ein Betriebsinhaber alle wesentlichen Betriebsgrundlagen seines Unternehmens an einen Erwerber veräußert und er seine bisherige gewerbliche Tätigkeit beendet[1].

Übertragung auf Raten – Betriebsveräußerung oder Betriebsverpachtung?

Ein Aufgabegewinn, der nach § 16 Abs. 3 Satz 1 EStG als Gewinn i.S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 EStG gilt, wird dann erzielt, wenn der Betriebsinhaber seinen Betrieb (endgültig) einstellt und er die wesentlichen Betriebsgrundlagen in engem zeitlichem Zusammenhang an verschiedene Erwerber veräußert oder er sie, soweit er sie nicht veräußert, ins Privatvermögen überführt[2].

Die Annahme einer bloßen Verpachtung setzt voraus, dass der Verpächter dem Pächter die Pachtgegenstände lediglich vorübergehend zur Nutzung überlässt. Kein Pachtvertrag, sondern ein Veräußerungsgeschäft ist gegeben, wenn dem Pächter bereits mit dem Vollzug des Vertrags das wirtschaftliche Eigentum an dem überlassenen Vermögen verschafft wird.

Wirtschaftlicher Eigentümer ist gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO derjenige, der die tatsächliche Herrschaftsgewalt über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer ausschließen kann[3]. Dabei kommt es nicht auf die von den Beteiligten gewählte äußere Rechtsform an. Maßgeblich ist vielmehr das wirtschaftlich Gewollte und auch tatsächlich Bewirkte[4].

Wirtschaftliches Eigentum wird durch eine Nutzungsüberlassung u.a. dann verschafft, wenn dem zivilrechtlichen Eigentümer nach dem Gesamtbild der Verhältnisse überhaupt kein Herausgabeanspruch hinsichtlich der überlassenen Gegenstände mehr zusteht oder ein solcher Herausgabeanspruch keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat[5].

Im hier vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fall hatten die Beteiligten im Dezember 1998 vertraglich vereinbart, dass die A-GmbH ab Januar 1999 an den Veräußerer oder dessen Erben für die Dauer von neun Jahren monatliche Zahlungen leistet, die als Pacht gelten. Zugleich haben sie aber festgelegt, dass spätestens zum 31.12 2007, also zum Ende der „Pachtzeit“ die Einrichtungsgegenstände, das Warenzeichen, die Formen und Maschinen in das Eigentum der A-GmbH übergegangen sind. Damit haben sie bezogen auf das „Pachtende“ hinsichtlich dieser Wirtschaftsgüter jeglichen Herausgabeanspruch des Veräußerers oder seiner Erben ausgeschlossen. Damit hat der Veräußerer bereits durch diese Vereinbarung vom Dezember 1998 der A-GmbH das wirtschaftliche Eigentum an den vorstehend genannten Wirtschaftsgütern verschafft, diese also im steuerrechtlichen Sinn veräußert.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass wirtschaftliches Eigentum bereits dann begründet wird, wenn ein Nutzungsberechtigter dem Nutzungsvertrag zufolge verlangen kann, dass ihm das zur Nutzung überlassene Wirtschaftsgut unentgeltlich oder zu einem geringen Entgelt übertragen wird[6]. Erst recht wird daher wirtschaftliches Eigentum auch dann begründet, wenn dem Nutzungsberechtigten nicht lediglich ein Optionsrecht auf die unentgeltliche Übertragung eingeräumt wird, sondern bereits aufgrund des Vertrags das endgültige Verbleiben der überlassenen Gegenstände beim Nutzenden verbindlich festgelegt wird.

Die Verschaffung des wirtschaftlichen Eigentums erfolgte bereits im Streitjahr 1998. Dies gilt ungeachtet dessen, dass die aufgrund der Vereinbarung vom 18.12 1998 zu leistenden Zahlungen erstmals ab Januar 1999 zu erbringen waren. Denn nach Ziffer 2 Satz 3 der Vereinbarung bewirkt der Abschluss der Vereinbarung vom 18.12 1998 die Auflösung des Pachtvertrags vom 20.01.1993, so dass sie ab diesem Zeitpunkt an die Stelle des ursprünglichen Pachtvertrags tritt.

Der rechtlichen Würdigung des Finanzgerichts Baden-Württemberg[7], der Veräußerer habe der A-GmbH den Firmenwert als Restbetriebsvermögen verpachtet, ist aus Rechtsgründen nicht zu folgen. Vielmehr wurde dieser GmbH im Jahr 1998 das wirtschaftliche Eigentum an dem als Firmenwert bezeichneten Kundenstamm verschafft und dieser somit veräußert.

Der Geschäfts- oder Firmenwert ist der Mehrwert, der einem gewerblichen Unternehmen über den Substanzwert der einzelnen materiellen oder immateriellen Wirtschaftsgüter abzüglich der Schulden innewohnt. Er ist Ausdruck der Gewinnchancen eines Unternehmens, die durch den Betrieb eines lebenden Unternehmens gewährleistet erscheinen[8]. Das Bestehen eines solchen Geschäftswerts setzt das Vorhandensein einer untrennbaren Organisationseinheit in Gestalt eines vollständigen Betriebs oder Teilbetriebs voraus. Nur wenn eine solche betriebliche Einheit gegeben ist, kann ein Geschäftswert zur Nutzung überlassen oder gegen Entgelt an einen Dritten übertragen werden[9].

Eine solche untrennbare Organisationseinheit fällt nicht dadurch weg, dass ein Steuerpflichtiger seinen Betrieb im Ganzen verpachtet, er aber im Rahmen des ihm zustehenden Verpächterwahlrechts die Betriebsaufgabe erklärt[10].

Wird hingegen wie im Streitfall ein im Ganzen verpachteter Betrieb dadurch zerschlagen, dass das Betriebsgrundstück veräußert wird, fehlt es ab diesem Zeitpunkt am Erfordernis des Vorliegens eines lebenden Unternehmens. In einem solchen Fall ist für die Annahme einer (vorübergehenden oder dauerhaften) Überlassung des Geschäfts- oder Firmenwerts kein Raum[11].

Wird gleichwohl für die Überlassung des „Geschäfts- oder Firmenwerts“ ein Entgelt entrichtet, wird dieses für ein hiervon zu unterscheidendes immaterielles Wirtschaftsgut, wie z.B. Kundenstamm oder bestehende Geschäftsbeziehungen geleistet[12].

Im Streitfall war das auf den „Firmenwert“ entfallende Entgelt für die Überlassung des Kundenstamms zu entrichten. Dies hat der Veräußerer selbst in seinem an das Finanzamt gerichteten Schreiben vom 03.06.2002 dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er dort die überlassenen Wirtschaftsgüter näher umschrieben und den Firmenwert mit dem Zusatz „Kunden“ versehen hat.

Der Veräußerer hat auch das wirtschaftliche Eigentum an dem Kundenstamm im Streitjahr 1998 auf die A-GmbH übertragen. Nach Ziffer 2 der Vereinbarung vom 18.12 1998, die das Finanzgericht unvollständig wiedergegeben hat, haben die Beteiligten nicht nur festgelegt, dass spätestens am 31.12 2007 die Einrichtungsgegenstände, das Warenzeichen und die Formen sowie die Maschinen in das Eigentum der A-GmbH übergegangen sind. Vielmehr haben sie eine gleichlautende Regelung auch für den als Firmenwert bezeichneten Kundenstamm getroffen. Sie waren sich somit einig, dass auch hinsichtlich dieses Wirtschaftsguts am Ende „der Pachtzeit“ kein Herausgabeanspruch des Veräußerers bestehen sollte.

Die in der genannten Vereinbarung geregelten monatlichen Zahlungen sind daher als Kaufpreisraten für die Veräußerung der betrieblichen Gegenstände des Veräußerers zu beurteilen und im Streitjahr 1998 -wie im angefochtenen Bescheid geschehen- mit ihrem Barwert der Besteuerung zu unterwerfen. Ein Wahlrecht, diese als nachträgliche betriebliche Zahlungen zu behandeln und sie daher erst im Zuflusszeitpunkt zu erfassen, besteht im Streitfall nicht.

Die höchstrichterliche Rechtsprechung gewährt einem Steuerpflichtigen, der seinen Betrieb gegen der Höhe nach gleichbleibende wagnisbezogene Bezüge oder gegen Kaufpreisraten mit einer Laufzeit von mehr als zehn Jahren veräußert, die seiner Versorgung dienen, ein Wahlrecht. Danach kann der Steuerpflichtige entweder den Barwert sofort der Besteuerung unterwerfen oder sich für eine Behandlung als nachträgliche betriebliche Einnahmen entscheiden[13].

Wagnisbezogene Bezüge liegen, wie die im BFH-Urteil in BFHE 92, 561, BStBl II 1968, 653 genannten Beispiele zeigen, dann vor, wenn als Kaufpreis Zahlungen vereinbart werden, bei denen die Gefahr besteht, dass diese trotz vertragsgemäßer Erfüllung hinter den im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vorhandenen Erwartungen zurückbleiben. Dies ist beispielsweise bei vereinbarten lebenslänglichen Zahlungen der Fall. In einem solchen Fall ist der vorzeitige Tod des Rentenberechtigten kein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung (§ 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO). Es ist daher nicht möglich, den als Veräußerungspreis angesetzten Rentenbarwert nachträglich zu ändern, wenn die Sofortbesteuerung gewählt worden ist[14]. Aus diesem Grund lässt die Rechtsprechung dem Steuerpflichtigen die Wahl, sich für die Methode der nachträglichen Besteuerung zu entscheiden.

Werden wie im Streitfall Raten mit einer festen Laufzeit vereinbart, dann sind diese Raten nicht deshalb wagnisbezogen, weil die -stets vorhandene- Gefahr besteht, dass der Käufer z.B. wegen Zahlungsunfähigkeit seine vertraglich geschuldete Leistung nicht erbringt. Die (teilweise) Nichterbringung der Leistung ist dann ein Ereignis mit steuerlicher Rückwirkung. In einem solchen Fall ist daher die Veranlagung des Jahres der Veräußerung in der Weise zu ändern, dass als Veräußerungspreis nur die tatsächlich erhaltene Leistung angesetzt wird[15]. Eines besonderen steuerlichen Wahlrechts wegen des Ausfallrisikos bedarf es daher nicht.

Soweit die Rechtsprechung ein Wahlrecht auch bei vereinbarten Kaufpreisraten anerkennt, die der Versorgung des Veräußerers dienen, kann der Bundesfinanzhof offenlassen, ob hieran festzuhalten ist oder ob diese Rechtsprechung im Hinblick auf den vorstehend genannten Beschluss des Großen Bundesfinanzhofs überholt ist[16].

Im Streitfall fehlt es bereits daran, dass nicht -wie von der Rechtsprechung gefordert- eine Laufzeit der Raten von mehr als zehn Jahren vereinbart wurde. Weder die Tatsache, dass die Raten vor ihrem Zufluss nicht zur Steuerzahlung zur Verfügung stehen, noch der Umstand, dass der Veräußerer im Zeitpunkt der Veräußerung ein hohes Alter hatte, rechtfertigen es, das Wahlrecht auch bei Raten mit kürzerer Laufzeit einzuräumen.

Die Rechtsprechung hat die Einräumung des Wahlrechts u.a. davon abhängig gemacht, dass die Raten in einem im Wirtschaftsleben ungewöhnlich langen Zeitraum zu erbringen sind. Dies ist bei einem Zeitraum von nicht mehr als zehn Jahren nicht der Fall[17]. Hieran ist festzuhalten.

Auch ist es nach Ansicht des Bundesfinanzhofs im Streitfall ohne Belang, dass der Veräußerer bereits seit dem Jahr 1993 von der A-GmbH Pachtzahlungen bezog, die nach dem Vorbringen der Revisionsbeklagten ebenfalls seiner Versorgung dienten. Das von der Rechtsprechung bei langfristigen Raten gewährte Wahlrecht beruht auf der Überlegung, dass ein Steuerpflichtiger seinen Betrieb veräußert und seinen Unterhalt aus den ihm zufließenden Raten bestreitet. Dass er zuvor die Erträge seines Betriebs in Gestalt zufließender Pachteinnahmen ebenfalls bereits zu diesem Zweck genutzt hat, ist daher unerheblich.

  1. Schmidt/Wacker, EStG, 29. Aufl., § 16 Rz 90, m.w.N. aus der Rechtsprechung[]
  2. Schmidt/Wacker, a.a.O., § 16 Rz 173, m.w.N. zur BFH-Rechtsprechung[]
  3. BFH, Urteil vom 12.09.1991 – III R 233/90, BFHE 166, 49, BStBl II 1992, 182, und BFH, Urteil vom 01.10.1997 – X R 91/94, BFHE 184, 179, BStBl II 1998, 203[]
  4. BFH, Urteil vom 15.02.2001 – III R 130/95, BFH/NV 2001, 1041[]
  5. ständige Rechtsprechung; vgl. BFH, Urteile vom 27.02.1991 – XI R 14/87, BFHE 163, 571, BStBl II 1991, 628; in BFHE 166, 49, BStBl II 1992, 182; vom 08.06.1995 – IV R 67/94, BFH/NV 1996, 101, und BFH, Urteil in BFHE 184, 179, BStBl II 1998, 203[]
  6. BFH, Urteil in BFH/NV 1996, 101[]
  7. FG Baden-Württemberg, Urteil vom 31.01.2007 – 13 K 139/04[]
  8. BFH, Urteile vom 25.11.1981 – I R 54/77, BFHE 134, 434, BStBl II 1982, 189; und vom 26.11.2009 – III R 40/07, BFHE 227, 460, BFH/NV 2010, 721[]
  9. BFH, Urteile vom 17.03.1977 – IV R 218/72, BFHE 122, 70, BStBl II 1977, 595; vom 24.11.1982 – I R 123/78, BFHE 137, 59, BStBl II 1983, 113; BFH, Urteil in BFHE 197, 535, BStBl II 2002, 387[]
  10. BFH, Urteil in BFHE 124, 447, BStBl II 1979, 99, und BFH, Urteile vom 04.04.1989 – X R 49/87, BFHE 156, 214, BStBl II 1989, 606, und in BFHE 197, 535, BStBl II 2002, 387[]
  11. BFH, Urteile in BFHE 122, 70, BStBl II 1977, 595, und in BFHE 137, 59, BStBl II 1983, 113[]
  12. BFH, Urteile in BFHE 122, 70, BStBl II 1977, 595, und in BFHE 137, 59, BStBl II 1983, 113; vgl. auch BFH, Urteil in BFHE 227, 460, BFH/NV 2010, 721[]
  13. BFH, Urteile vom 20.01.1959 – I 200/58 U, BFHE 68, 500, BStBl III 1959, 192; vom 23.01.1964 – IV 85/62 U, BFHE 79, 16, BStBl III 1964, 239; vom 12.06.1968 – IV 254/62, BFHE 92, 561, BStBl II 1968, 653; und vom 20.12 1988 – VIII R 110/82, BFH/NV 1989, 630; ebenso R 16 (11) der Einkommensteuer-Richtlinien 2009 zu Leibrenten und H 16 (11) „Ratenzahlungen“ der Einkommensteuer-Hinweise 2009[]
  14. BFH, Urteil vom 19.08.1999 – IV R 67/98, BFHE 190, 150, BStBl II 2000, 179[]
  15. BFH, Beschluss vom 19.07.1993 – GrS 2/92, BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897[]
  16. vgl. hierzu BFH, Beschluss vom 29.03.2007 – XI B 56/06, BFH/NV 2007, 1306; ebenso kritisch Schmidt/Wacker, a.a.O., § 16 Rz 225[]
  17. BFH, Urteil in BFHE 92, 561, BStBl II 1968, 653[]