Gewerblicher Grundstückshandel – und der sachenrechtliche Objektbegriff

Trotz der grundsätzlich gegebenen strengen sachenrechtlichen Qualifikation des Objektbegriffs beim gewerblichen Grundstückshandel ist ein gewerblicher Grundstückshandel des Klägers anzunehmen, weil er am Tag der Veräußerung, wenn auch nicht in der gleichen Urkunde, zusätzlich die Aufteilung des Sondereigentums eines Objekts vereinbart und sich darüber hinaus als Verkäufer verpflichtet hat, die bis dahin vermieteten vier Wohnungen geräumt zu übergeben.

Gewerblicher Grundstückshandel – und der sachenrechtliche Objektbegriff

Der Bundesfinanzhof geht insoweit von einer Ausnahme zum ansonsten anzuwendenden strengen sachenrechtlichen Objektbegriff aus und hat diesen Vorgang als Veräußerung von vier Objekten gewertet.

Gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG ist ein Gewerbebetrieb eine selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird, und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Arbeit anzusehen ist. Als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal muss hinzukommen, dass die Grenzen der privaten Vermögensverwaltung überschritten sind[1].

Dass der Kläger sich auf dem Grundstücksmarkt selbständig und mit Gewinnerzielungsabsicht betätigt und am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilgenommen hat, steht zweifelsfrei fest und ist auch zwischen den Beteiligten nicht umstritten.

Darüber hinaus ist das Finanzgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger die Grenze der privaten Vermögensverwaltung überschritten hat. Es hat unter Beachtung der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach im Interesse einer sachlich zutreffenden Besteuerung des Gesellschafters alle ihm zuzurechnenden Tätigkeiten auf dem Gebiet des Grundstückshandels in eine Gesamtwürdigung nach Maßgabe des jeweils einschlägigen Steuertatbestands (hier: § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 EStG) einzubeziehen sind[2] eine Ausnahme vom sachenrechtlichen Objektbegriff angenommen und ist so zu einer Überschreitung der sog. Drei-Objekt-Grenze gelangt.

In der Regel liegt ein gewerblicher Grundstückshandel vor, wenn mehr als drei Objekte innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs von in der Regel fünf Jahren ab Anschaffung veräußert werden[3].

Selbständiges Objekt im Sinne der Drei-Objekt-Grenze beim gewerblichen Grundstückshandel ist grundsätzlich jedes selbständig veräußerbare und nutzbare Immobilienobjekt (Grundstück, grundstücksgleiches Recht oder Recht nach dem Wohnungseigentumsgesetz) und zwar unabhängig von seiner Größe, seinem Wert und anderen Umständen[4]. Dabei folgt die selbständige Veräußerbarkeit nach der ständigen Rechtsprechung grundsätzlich der sachenrechtlichen Qualifikation[5]. Allerdings wird diese an das bürgerliche Recht anknüpfende Bestimmung des „Objekts“ durch wirtschaftliche Gesichtspunkte unter Beachtung der Verkehrsanschauung geprägt[6].

Hiervon ausgehend hat der Bundesfinanzhof das Vorliegen mehrerer Objekte bereits dann angenommen, wenn[7]

  • gleichzeitig mit dem Kaufvertrag das Grundstück durch Teilungserklärung in Miteigentumsanteile verbunden mit 21 Wohnungseigentums- und vier gewerblichen Teileigentumseinheiten aufgeteilt wird,
  • dies in der gleichen Urkunde erfolgt,
  • die Vorbereitungen für die Aufteilung bereits bei Vertragsabschluss abgeschlossen waren
  • und der Verkäufer sich in einer unmittelbar vorausgehenden Urkunde vom gleichen Tag verpflichtet, diejenigen Wohneinheiten zurückzuerwerben, die nicht innerhalb der folgenden fünf Tage durch wirksame Kaufverträge an Dritte weiterveräußert werden können.

Eine vergleichbare Ausnahme von der grundsätzlich anzunehmenden strengen sachenrechtlichen Qualifikation des Objektbegriffs hat das Finanzgericht im vorliegenden Fall unter Beachtung wirtschaftlicher Gesichtspunkte und der Verkehrsanschauung angenommen. Dieser Würdigung schließt sich der Bundesfinanzhof an.

Hierfür spricht:

  • die frühzeitige Erstellung der Aufteilungspläne und die Erteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigung zeitlich weit vor dem Verkaufsvertrag,
  • die bereits im Verkaufsvertrag vorgenommene Aufteilung des Kaufpreises auf die einzelnen Wohnungen,
  • die Gewährleistung einer „mietvertragsfreien Übertragung“, die auf die einzelne Eigentumswohnung bezogen war,
  • die schon im Kaufvertrag geregelte Abhängigkeit der Kaufpreiszahlung vom Besitzübergang, die sich ebenfalls auf die einzelne Wohnung bezog. Damit war diese Kaufpreiszahlung für jede Wohnung zu jeweils unterschiedlichen Zeitpunkten zu erwarten, weil sie von der individuellen Mieterfreiheit abhängig war.

Die hier vereinbarte Gewährleistungspflicht ist wie eine Rückkaufverpflichtung zu sehen, da sie von den Vertragsparteien ausdrücklich zur Hauptpflicht erklärt worden ist. Damit kommt sie in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung einer Rückkaufverpflichtung gleich.

Somit billigte der Bundesfinanzhof hier das Ergebnis, dass insgesamt vier Objekte durch den Vertrag vom 14.05.2002 veräußert worden sind. Diese vertretbare Würdigung der tatsächlichen Feststellungen bindet den Bundesfinanzhof nach § 118 Abs. 2 FGO. Die Bindungswirkung würde nur entfallen, wenn die Auslegung des Finanzgericht anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verletzte[8], was hier nicht der Fall ist.

Unschädlich ist im vorliegenden Fall, dass diese vier Objekte innerhalb von fünf Jahren und drei Monaten nach dem Erwerb veräußert worden sind. Der von der Rechtsprechung für einen engen zeitlichen Zusammenhang herangezogene Zeitraum von fünf Jahren ab Anschaffung[9] ist nicht im Sinne einer starren Begrenzung zu verstehen[10]. Eine (geringfügige) Überschreitung kann insbesondere bei Vorliegen anderer Anhaltspunkte unbeachtlich sein[11]. Jedenfalls, wenn wie hier die Erstellung der Aufteilungspläne und die Erteilung der Abgeschlossenheitsbescheinigung innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums erfolgte, ist eine Überschreitung dieses Zeitraums um drei Monate als unbeachtlich anzusehen. Dabei ist auch ohne Belang, ob der Kläger diese Maßnahmen selbst veranlasst hat oder nicht. Er hat sie jedenfalls geduldet und hat sie sich als Eigentümer daher zurechnen zu lassen. Damit ist seine bedingte Veräußerungsabsicht innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums klar nach außen getreten.

Die Objekte wurden hier somit im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels veräußert. Die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr, bei der insoweit Gewinne aus Gewerbebetrieb angesetzt wurden, war nach § 174 Abs. 4 AO zu ändern.

Bundesfinanzhof, Urteil vom 21. Juli 2016 – X R 56 -57/14; X R 56/14; X R 57/14

  1. BFH, Beschluss vom 10.12 2001 – GrS 1/98, BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C.[]
  2. umfassend BFH, Urteil vom 22.08.2012 – X R 24/11, BFHE 238, 180, BStBl II 2012, 865, mit zahlreichen weiteren Nachweisen[]
  3. vgl. nur BFH (GrS), Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C.III. 3. und C.III. 5.[]
  4. u.a. BFH, Urteil vom 12.07.2007 – X R 4/04, BFHE 218, 331, BStBl II 2007, 885, unter B.II. 1.a, m.w.N.[]
  5. BFH, Urteil vom 03.08.2004 – X R 40/03, BFHE 207, 213, BStBl II 2005, 35, unter II. 3.d aa; BFH, Urteil vom 17.12 2008 – IV R 77/06, BFHE 224, 233, BStBl II 2009, 791, unter II. 2.c cc[]
  6. BFH, Urteil in BFHE 207, 213, BStBl II 2005, 35, unter II. 4.a[]
  7. BFH, Urteil in BFHE 233, 28, BStBl II 2011, 645, unter II. 2.e aa[]
  8. BFH, Urteil vom 23.01.2003 – IV R 75/00, BFHE 201, 278, BStBl II 2003, 467, m.w.N.[]
  9. vgl. nur BFH (Grs), Beschluss in BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C.III. 3. und C.III. 5.[]
  10. so schon BFH, Urteil vom 15.06.2004 – VIII R 7/02, BFHE 206, 388, BStBl II 2004, 914[]
  11. BFH, Urteil vom 08.09.2004 – XI R 47/03, BFHE 207, 263, BStBl II 2005, 41, unter II. 1.[]