Übergang einer bestehenden Ansparabschreibung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge

Eine Betriebseinnahme, die anzusetzen ist, weil ein abgezogener Investitionsabzugsbetrag gemäß § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. rückgängig zu machen ist, kann nicht gemäß § 177 AO durch eine Gewinnminderung kompensieren werden. Denn er ist verpflichtet, in der Gewinnermittlung für das Streitjahr eine Betriebseinnahme aus der Auflösung der für den Feststellungszeitraum 2005 auf Ebene der GbR gemäß § 7g EStG a.F. gebildeten Ansparabschreibung anzusetzen.

Übergang einer bestehenden Ansparabschreibung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge

Für Ansparabschreibungen, die in vor dem 18.08.2007 endenden Wirtschaftsjahren gebildet wurden, gilt die Vorschrift des § 7g EStG gemäß § 52 Abs. 23 Satz 3 EStG n.F. in der bis zum 17.08.2007 geltenden Fassung weiter (§ 7g EStG a.F.). Die Frage, ob der Unternehmer zutreffend in seiner Gewinnermittlung die ursprünglich bei der GbR für den Veranlagungszeitraum 2005 gebildete Ansparabschreibung aufzulösen hat, ist daher gemäß § 7g EStG a.F. zu beurteilen.

Ermittelt der Steuerpflichtige den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG, so sind gemäß § 7g Abs. 6 EStG a.F. die Abs. 3 bis 5 mit Ausnahme von Abs. 3 Nr. 1 mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass die Bildung der Rücklage als Betriebsausgabe (Abzug) und ihre Auflösung als Betriebseinnahme (Zuschlag) zu behandeln ist; der Zeitraum zwischen Abzug und Zuschlag gilt als Zeitraum, in dem die Rücklage bestanden hat. „Steuerpflichtiger“ in diesem Sinne ist bei Bildung der Ansparabschreibung in der Einnahmenüberschussrechnung einer Personengesellschaft (Mitunternehmerschaft) trotz des Transparenzprinzips die Personengesellschaft als Gewinnermittlungssubjekt[1].

Ist eine Rücklage am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden, so ist sie gemäß § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. zu diesem Zeitpunkt gewinnerhöhend aufzulösen. Dass der zweijährige Investitionszeitraum für die bei der GbR für den Veranlagungszeitraum 2005 gebildete Rücklage ohne Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsguts verstrichen und damit die Rücklage spätestens mit Ablauf des Streitjahres aufzulösen ist, ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Streitig ist im Wesentlichen, ob die noch bei der GbR für 2005 gebildete Rücklage mit dem Betrieb der GbR auf das Einzelunternehmen des Unternehmers übergegangen und daher vom Unternehmer aufzulösen ist.

Zur Auflösung verpflichtet ist im Grundsatz derjenige „Steuerpflichtige“, der im Fall der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG den Betriebsausgabenabzug für die Bildung der Rücklage in Anspruch genommen hat (§ 7g Abs. 6 EStG a.F.). Ein zur Auflösung der Rücklage gemäß § 7g Abs. 6 i.V.m. Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. verpflichteter „Steuerpflichtiger“ ist jedoch nach der zutreffenden Würdigung des Finanzgericht auch derjenige, auf den der Betrieb, in dem der Betriebsausgabenabzug für die Bildung der Rücklage in Anspruch genommen wurde, im Zeitraum zwischen Bildung und gesetzlichem Auflösungszeitpunkt im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergeht. Dies ist im Streitfall der Unternehmer, auf den der Betrieb der früheren GbR zum 1.04.2006 im Wege der Gesellschaftsübernahme übergegangen ist.

Haben die Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft im Gesellschaftsvertrag vereinbart, dass die Gesellschaft von den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt wird, wenn ein Gesellschafter ausscheidet, wächst bei Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters -soweit im Gesellschaftsvertrag für diesen Fall nichts Abweichendes geregelt ist- dem letzten verbleibenden Gesellschafter das Vermögen der GbR an, d.h. die Aktiva und Passiva gehen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf ihn über, ohne dass es eines Übertragungsaktes oder einer Übernahmeerklärung bedarf[2].

Die Vereinbarung eines solchen Übernahmerechts verdrängt die bei Ausscheiden eines Gesellschafters ansonsten gesetzlich vorgesehene Auflösung der Gesellschaft (§ 731 BGB), da das Gesetzesrecht dispositiv ist[3].

Die Gesamtrechtsnachfolge in alle Aktiva und Passiva des Betriebs der GbR bewirkte, dass diese in das Alleineigentum des Unternehmers übergegangen sind und die GbR vollbeendet worden ist[4].

Aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge in alle Aktiva und Passiva der GbR ist der Unternehmer auch steuerrechtlich in die Rechtsstellung der GbR eingetreten und gemäß § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. zur Auflösung der bei der GbR im Veranlagungszeitraum 2005 gebildeten und in 2006 nicht aufgelösten Ansparabschreibung im Streitjahr verpflichtet.

Für Ansparabschreibungen, die im Zeitpunkt einer Betriebsveräußerung bestehen, hat der BFH zwar mehrfach angenommen, diese seien zu diesem Zeitpunkt aufzulösen, da aufgrund der Veräußerung das zweite Wirtschaftsjahr des Investitionszeitraums i.S. des § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. abläuft[5]. Bei der Einbringung eines Betriebs in eine Kapitalgesellschaft unter Ansatz der Teilwerte kann die aufnehmende Kapitalgesellschaft eine im Einzelunternehmen vorhandene Rücklage ebenfalls nicht fortführen, da gemäß § 22 Abs. 3 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) 2002 wie bei einer Betriebsveräußerung eine Einzelrechtsnachfolge vorliegt; die Rücklage ist vom Einbringenden als Teil des begünstigten Einbringungsgewinns aufzulösen[6].

Die Verpflichtung zur Auflösung folgt in beiden Sachverhalten daraus, dass die Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 ff. EStG a.F. auf den (konkreten) Betrieb bezogen ist und die geplante Investition, deretwegen die Ansparrücklage gebildet wurde, nicht mehr durchgeführt werden kann, wenn der Steuerpflichtige seinen Betrieb veräußert oder aufgibt. Die Ansparrücklage gemäß § 7g EStG a.F. kann grundsätzlich nicht „zurückbehalten“ und auf einen anderen Betrieb des Steuerpflichtigen übertragen werden[7].

Für eine vor einer Einbringung bestehende Ansparabschreibung hat der Große Senat des Bundesfinanzhofs in seinem Beschluss vom 14.04.2015[8] hingegen ausdrücklich anerkannt, diese gehe gemäß § 22 Abs. 1 i.V.m. § 12 Abs. 3 Satz 1 UmwStG 2002 bei Einbringung eines Betriebs in eine Kapitalgesellschaft zu Buchwerten auf diese über und könne fortgeführt werden, weil die aufnehmende Kapitalgesellschaft insoweit dem einbringenden Rechtsträger rechtlich nachfolge und in die bereits verwirklichten Besteuerungsmerkmale eintrete. Aufgrund der Gesamtrechtsnachfolge kommt es -so der Große Bundesfinanzhof des BFH- zu einer „Vereinigung“ der Leistungsfähigkeit des ursprünglichen und des den Betrieb übernehmenden Rechtsträgers. Der Rechtsnachfolger folgt dem ursprünglichen Betriebsinhaber insoweit nach und wird zum „Steuerpflichtigen“ i.S. des 7g Abs. 4 Sätze 1 und 2 EStG a.F. Dies gilt auch dann, wenn -wie hier- im Betrieb des Rechtsvorgängers (der GbR) eine Ansparabschreibung besteht und der Betrieb innerhalb des zweijährigen Investitionszeitraums im Wege einer Gesamtrechtsnachfolge auf einen Rechtsnachfolger (hier: den Unternehmer) übergeht. Denn der Übergang eines Betriebs auf den Gesamtrechtsnachfolger weist bezogen auf § 7g EStG a.F. im Hinblick auf den Eintritt des Rechtsnachfolgers in die steuerlichen Rechtspositionen des Rechtsvorgängers keinen entscheidenden Unterschied zu einer Rechtsnachfolge des übernehmenden Rechtsträgers nach den einschlägigen umwandlungssteuerrechtlichen Regelungen auf (vgl. §§ 23 Abs. 1 i.V.m. 12 Abs. 3 UmwStG 2006).

Zwar hat der Große Bundesfinanzhof des BFH in Rz 60 des Beschlusses in BFHE 250, 338, BStBl II 2015, 1007 den Übergang einer gemäß § 7g EStG a.F. vor der Einbringung gebildeten Rücklage im Fall einer Buchwerteinbringung nur „für rechtmäßig gebildete Rücklagen“ zugelassen. Nichts anderes kann aber für eine Ansparabschreibung gelten, die vor dem Betriebsübergang beim Rechtsvorgänger rechtswidrig gebildet und nicht aufgelöst worden ist, wenn die zugrundeliegenden Steuer- oder Feststellungsbescheide des Rechtsvorgängers -wie hier- bestandskräftig geworden und nicht mehr änderbar sind. Mit der Formulierung, es könnten nur „rechtmäßig gebildete Rücklagen“ auf Grundlage einer umwandlungssteuerrechtlichen Rechtsnachfolge übergehen, wollte der Große Bundesfinanzhof des BFH die Fallgruppe des Übergangs bestehender Ansparabschreibungen auf den Rechtsnachfolger zu der von ihm zu entscheidenden Fallgruppe abgrenzen, in der im Bildungsjahr der Ansparabschreibung beim Rechtsvorgänger angesichts einer bevorstehenden Buchwerteinbringung zu entscheiden ist, ob diese überhaupt gebildet werden darf. Er wollte jedoch nicht den Rechtssatz aufstellen, dass alle rechtswidrig gebildeten und im Zeitpunkt einer Buchwerteinbringung im eingebrachten Betrieb bestehenden Ansparabschreibungen nicht auf den Rechtsnachfolger übergehen können.

Es ist nicht erheblich, ob das Ausscheiden des D als Veräußerung seines Mitunternehmeranteils an den Unternehmer gegen eine gemischte Bar- und Sachwertabfindung gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG oder als Realteilung mit Spitzenausgleich gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 ff. EStG zu beurteilen ist. Selbst wenn dem Vorbringen der Unternehmer zu folgen und eine Realteilung der zweigliedrigen GbR mit Spitzenausgleich verwirklicht worden wäre, würde dies im Streitfall zu keinem anderen Ergebnis führen.

Die aus Sicht der Unternehmer anzunehmende Realteilung wäre im Streitfall aufgrund des vom Unternehmer ausgeübten Übernahmerechts ebenfalls mit einer Gesamtrechtsnachfolge des Unternehmers in die auf ihn übergehenden Wirtschaftsgüter und Rechtspositionen der GbR verbunden. Bei der Realteilung handelt es sich um eine besondere Form der Betriebsaufgabe[9]. Die Annahme einer solchen Betriebsaufgabe auf Ebene der GbR könnte aber nicht die im Streitfall vom Unternehmer daneben bewusst herbeigeführte Gesamtrechtsnachfolge in den Betrieb und in die Rechtsposition der GbR für die bestehende Ansparabschreibung verdrängen und deren Übergang in den Betrieb des Unternehmers ausschließen.

Es ist schließlich für die Anwendung des § 7g Abs. 4 Satz 2 EStG a.F. unerheblich, ob die bei der GbR für den Feststellungszeitraum 2005 im Wege des Betriebsausgabenabzugs gebildete Ansparabschreibung gemäß § 7g EStG a.F. zu Recht oder zu Unrecht gebildet wurde.

Die Möglichkeit, auch eine zu Unrecht gewährte Ansparabschreibung spätestens am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres (hier beim Unternehmer als Gesamtrechtsnachfolger) aufzulösen, folgt daraus, dass § 7g Abs. 4 EStG a.F. nicht zwischen der Auflösung einer zu Recht und einer zu Unrecht gebildeten Ansparabschreibung unterscheidet. Allerdings hängt die erfolgswirksame Auflösung der gesetzwidrig überhöht beanspruchten Ansparabschreibung davon ab, dass die Änderung der ursprünglichen, die Ansparabschreibung berücksichtigenden Steuerfestsetzung oder Gewinnfeststellung -wie hier bei der GbR für 2005- nach den allgemeinen Regeln der Bestandskraft ausgeschlossen ist[10]. Die Rücklage ist, sofern sie am Ende des zweiten auf ihre Bildung folgenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden ist, zu „diesem Zeitpunkt“ gewinnerhöhend aufzulösen[11].

Bundesfinanzhof, Urteil vom 7. Juni 2016 – VIII R 23/14

  1. vgl. BFH, Urteil vom 27.01.2016 – X R 31/11, BFH/NV 2016, 1032 für die Abgrenzung des Betriebs der Gesellschaft vom Betrieb des Mitunternehmers[]
  2. ständige Rechtsprechung des BGH, vgl. BGH, Urteil vom 07.07.2008 – II ZR 37/07, DStR 2008, 1792[]
  3. vgl. z.B. Schöne in Beck’scher Online Kommentar BGB, § 730 Rz 38; MünchKommBGB/Schäfer, 6. Aufl., § 730 Rz 63, 66, 68 f., 72; Erman/H.P. Westermann, BGB, § 730 Rz 17, 18; Wertenbruch in Westermann, Handbuch der Personengesellschaften, § 25 Rz 565[]
  4. Schöne in Beck’scher Online Kommentar BGB, § 730 Rz 41, 42; MünchKommBGB/Schäfer, a.a.O., § 730 Rz 11, 81[]
  5. BFH, Urteile vom 10.11.2004 – XI R 56/03, BFH/NV 2005, 845; vom 20.12 2006 – X R 31/03, BFHE 216, 288, BStBl II 2007, 862[]
  6. BFH, Urteil vom 10.11.2004 – XI R 69/03, BFHE 208, 190, BStBl II 2005, 596[]
  7. BFH, Urteil vom 20.12 2006 – X R 42/04, BFH/NV 2007, 883[]
  8. BFH, Beschlusses vom 14.04.2015 – GrS 2/12, BFHE 250, 338, BStBl II 2015, 1007, Rz 60[]
  9. s. BFH, Urteil vom 17.09.2015 – III R 49/13, BFHE 252, 17, Rz 38[]
  10. vgl. BFH, Urteil vom 28.04.2005 – IV R 30/04, BFHE 209, 496, BStBl II 2005, 704; BFH, Beschluss vom 23.07.2009 – X B 64/08[]
  11. BFH, Beschlüsse vom 31.03.2008 – VIII B 212/07, BFH/NV 2008, 1322; vom 30.04.2013 – I B 151/12, BFH/NV 2013, 1572[]